Kein WM-Jubel Adidas & Co machen nur wenig Umsatz in Russland

Herzogenaurach · Nur noch wenige Wochen sind es bis zum Anpfiff der diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Normalerweise wird um diese Zeit kurz vor dem Start des weltgrößten Sportereignisses in den Zentralen der Sportartikelhersteller bereits kräftig gejubelt.

 Start in Weiß: Das offizielle Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft. FOTO: DPA

Start in Weiß: Das offizielle Trikot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft. FOTO: DPA

Foto: picture alliance / Daniel Karman

Das gilt vor allem für Adidas als einen traditionellen Hauptsponsor der WM und dessen Veranstalter Fifa. Aber diesmal ist alles anders. „Der finanzielle Einfluss wird begrenzt sein“, erklärte Adidas-Chef Kasper Rorsted jüngst über den diesmal äußerst gedämpften WM-Effekt. Das hat mit dem Veranstaltungsland Russland aber auch dem Weltfußballverband Fifa zu tun.

Vor fünf Jahren noch hat die Sportnation Russland ein Zehntel aller weltweiten Adidas-Umsätze beigesteuert. Dann kamen die Annexion der Krim, Sanktionen des Westens und schwere Zeiten für die russische Wirtschaft sowie dortige Verbraucher. „Es sind noch drei Prozent“, sagt Rorsted zum aktuellen Umsatzanteil Russlands für seinen Konzern. Über 100 eigene Adidas-Läden habe man mangels Nachfrage in den letzten Jahren dort geschlossen und damit jeden siebten Adidas-Shop.

Wegen der WM hatte Adidas noch im März darauf gehofft, dass die Russland-Umsätze 2018 wenigsten konstant bleiben. Danach sieht es nach dem Auftaktquartal nicht aus. Um satte 17 Prozent sind sie in den ersten drei Monaten 2018 geschrumpft, wo sich vor allem im Veranstalterland eigentlich eine WM-Vorfreude in Verkaufszahlen niederschlagen sollte. Die absolute Umsatzzahl für Russland nennen die Franken nicht. Aber aus einem dreiprozentigen Anteil an weltweit im ersten Quartal 5,55 Milliarden Euro Erlös lassen sich unschwer knapp 170 Millionen Euro errechnen.

Währungsbereinigt sind die Umsätze der Herzogenauracher im ersten Quartal um ein Zehntel gewachsen. Was möglich ist, zeigen Nordamerika und China mit Wachstumsschüben von jeweils rund einem Viertel. Dort gewinnt Adidas derzeit sogar Marktanteile gegen Weltmarktführer Nike, was nicht auf Kosten des Profits erkauft ist. Der Quartalsüberschuss bis Ende März 2018 ist mit 17 Prozent auf 542 Millionen Euro konzernweit sogar deutlich stärker gestiegen als der Umsatz. Was Adidas für die WM noch hoffen lässt, sind die zwölf Teams, die der Sportartikler für das Turnier ausrüstet darunter Favoriten wie Deutschland oder Spanien. Je weiter eine Mannschaft im Turnier kommt, desto mehr Trikots werden erfahrungsgemäß verkauft. Im Fall des DFB-Teams waren das bei der Vorgänger-WM in Brasilien rund drei Millionen Leibchen, was bei Preisen jenseits 80 Euro das Stück auch diesmal durchaus einen finanziellen Einfluss hätte. Auf ein solches Zusatzgeschäft kann der fränkische Lokalrivale Puma dagegen nicht einmal hoffen. Italien als zugkräftigste Puma-Mannschaft hat sich für das Turnier diesmal nicht qualifiziert.

Welchen Stellenwert Sponsoren dem WM-Turnier zumessen, lässt sich auch an dem Umstand ermessen, dass die Fifa bislang nur rund die Hälfte aller angebotenen Marketingpaketen an den Mann gebracht hat. Die Vorgänger-WM in Brasilien war zu diesem Zeitpunkt sponsorenseitig längst ausverkauft. Nicht nur das schlechte Image des Veranstalterlands Russland dämpfen das Sponsoreninteresse sondern auch der ramponierte Ruf der Fifa selbst. So sind langjährige Mitstreiter wie Continental, Sony oder die Fluggesellschaft Emirates nach Fifa-Skandalen in Serie abtrünnig geworden.

Adidas dagegen ist als Topsponsor an Bord geblieben, wenn auch nicht gerade mit großer Überzeugung. Bei der Folge-WM 2022 in Katar könnte sich das derzeitige Schauspiel durchaus wiederholen. Dort stehen vielfältige Menschenrechtsverletzungen im Veranstalterland im Raum. Sponsoren drohen wie in Russland Reputationsrisiken drohen. Die Fußball-WM ist offenkundig nicht mehr, was sie einmal war.

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