Steueroasen 150 Strafverfahren in Deutschland wegen Panama Papers

Frankfurt · Das Land Hessen ist federführend bei der Aufarbeitung illegaler Geschäfte zur Steuervermeidung. Bis Ende März sind rund 2260 Firmen und knapp 1100 Personen in den Panama-Papieren aufgefallen.

Die „Panama Papers“ sind keine wirklichen Papiere. Es handelt sich um einen virtuellen, dafür aber umso größeren Berg an elektronischen Daten. Daten, über teils illegale Finanzströme in die mittelamerikanische „Steueroase“ Panama. „Wir haben 3,2 Terabyte Daten auszuwerten, das entspricht einer Summe von 49 Millionen Dokumenten“, sagt Armin Wolf, Leiter der Panama-Untersuchungsgruppe im Kasseler Finanzamt. Durch diesen Datenwust kämpfen er und sieben seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit August 2017. Sie durchkämmen die Datensätze nach Personen, Unternehmen und Dokumenten, die Aufschluss über illegale Steuervermeidungsgeschäfte geben. Dabei arbeiten die Ermittler in Kassel eng mit dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden, der Oberfinanzdirektion in Frankfurt und anderen Behörden zusammen.

Knapp 290 000 Dokumente hätten die Ermittler im Rahmen der Sichtung der Panama Papers ausgewertet und an Steuerbehörden im In- und Ausland weitergegeben. Bis Ende März sind rund 2260 Firmen und knapp 1100 Personen in den Panama-Papieren aufgefallen und an die zuständigen Ermittlungsbehörden und Staatsanwaltschaften weitergeleitet worden. Denn die Mitarbeiter der Steuerermittler bereiten die Daten nur auf. Ermitteln und gegebenenfalls Anklage erheben müssen dann regionale Staatsanwaltschaften.

Gut drei Jahre nach Veröffentlichung der Panama Papers sind so in rund 150 Fällen Steuerstrafverfahren eingeleitet worden. Bundesweit haben Behörden bislang steuerliche Mehreinnahmen von 4,2 Millionen Euro gemeldet. Allerdings sind die Meldungen freiwillig, viele Verfahren laufen noch. Es handelt sich also nur um eine Momentaufnahme.

Nach Berechnungen des internationalen Recherchenetzwerkes, das die Panama Papers ans Licht brachte, sind weltweit durch die Enthüllungen über eine Milliarde Euro an Steuer-Nachzahlungen oder Strafen gezahlt worden; in Deutschland sollen es 150 Millionen Euro sein. Ein Großteil dieser geschätzten Gesamtsumme ist auf Strafzahlungen zurück zu führen, die Banken geleistet haben – diese Summen tauchen in der hessischen Statistik nicht auf. Viele Finanzinstitute haben mit der Rechtsanwaltskanzlei Mossack Fonseca zusammen gearbeitet, die im Zentrum der Panama Papers steht. „So genannte Compliance-Richtlinien werden bei Finanzdienstleistern, aber auch bei Banken, die im Umfeld der internationalen Offshore-Firmen tätig sind, umgangen oder nur zum Schein vordergründig erfüllt“, kritisierte Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Der Europaparlamentarier Sven Giegold (Grüne) warf der Bundesregierung nach der vorläufigen Bilanz in Frankfurt vor, nach der Veröffentlichung der Panama Paper nicht konsequent gehandelt zu haben. „Die Worte des hessischen Finanzministers sollten ein Weckruf für die Große Koalition sein“, sagte Giegold.

Der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft Thomas Eigenthaler forderte eine bessere Ausstattung der zuständigen Behörden. „Sondersituationen erfordern auch Sondermaßnahmen beim Personal“, sagt Eigenthaler. Ermittlungsleiter Armin Wolf dagegen sieht seine Arbeitsgruppe personell ausreichend versorgt.

Die Ermittler greifen bei Ihrer Arbeit auf den Einsatz moderner Computerprogramme und –Algorithmen zurück. Mit denen versuchen sie, die Daten automatisiert zu durchforsten, um etwa Deutschlandbezüge zu finden oder Dateien, die der gleichen Firma oder Person zuzuordnen sind.

Für die Zukunft sind Wolf und seine Mitarbeiter zuversichtlich, hinterzogene Steuern zurückfordern und viele der handelnden Personen zur Rechenschaft ziehen zu können. Allerdings sei das noch eine Aufgabe für die kommenden Jahre.

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