Schlichtung erfolgreich 15 000 Jobs bei Kaiser's Tengelmann vorerst gesichert

Lange mussten die Beschäftigten der angeschlagenen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann um ihre Jobs zittern. Eine Schlichtung bringt nun Erleichterung - aber viele Fragen sind noch offen.

 Zahlreiche Filialen der angeschlagenen Supermarktkette sind von der Schließung bedroht.

Zahlreiche Filialen der angeschlagenen Supermarktkette sind von der Schließung bedroht.

Foto: Oliver Berg

Nach jahrelangem Ringen um die Zukunft der Supermarktkette Kaiser's Tengelmann sind die Arbeitsplätze der rund 15 000 Beschäftigten vorerst gesichert.

In einem Schlichtungsverfahren haben sich die Unternehmen Tengelmann, Edeka und Rewe auf einen Interessensausgleich geeinigt, der den Weg für eine Übernahme der Kette durch Edeka frei macht. "Ich gehe nicht davon aus, dass es noch irgendeinen Stolperstein für den Vollzug der Schlichtungsvereinbarung geben kann", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

Damit könnte Kaiser's Tengelmann nun doch an Edeka verkauft werden, hieß es auch in einer Mitteilung des Ministeriums. Eine Auflage ist eine Arbeitsplatzsicherung für sieben Jahre.

Die Grundsatzeinigung der Supermarktchefs im Schlichtungsverfahren unter Leitung von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) sieht vor, dass Rewe bis spätestens 11. November seine Beschwerde gegen die Ministererlaubnis für eine Fusion von Edeka mit Kaiser's Tengelmann zurückzieht. Norma und Markant hatten dies bereits getan.

Die finanziellen Grundlagen für den Interessenausgleich wie der Kaufpreis würden durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer gelegt, sagte Gabriel. Dies könne bis Freitag dieser Woche abgeschlossen werden. Das sei nicht Teil des Schlichtungsprozesses.

Über die konkreten Inhalte des Interessenausgleichs zwischen Edeka und Rewe sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte Gabriel. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen soll voraussichtlich ein Teil der Kaiser's Tengelmann-Filialen in Berlin an Rewe gehen. Die Märkte in Bayern dagegen würden wohl bei Edeka bleiben. Bislang sei es aber weder um konkrete, einzelne Filialen noch um einen Kaufpreis gegangen. Auch unklar sei, an wen die Filialen in Nordrhein-Westfalen gehen. Darüber werde nach einem Abschluss der Gespräche über die Berliner Filialen geredet, hieß es.

Gabriel und der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, lobten die Einigung. "Der Einsatz und die Arbeit haben sich gelohnt", sagte Gabriel. Die Beschäftigten könnten nun ein gutes Weihnachtsfest feiern, weil sie sich keine Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen müssten. Die Einigung in dem vor einer Woche gestarteten Schlichtungsverfahren könne komplett auf dem Boden der Ministererlaubnis vollzogen werden, sagte Bsirske.

Der Betriebsratsvorsitzende von Kaiser's Tengelmann in Berlin, Volker Bohne, warnte nach Bekanntgabe der Einigung vor zu großer Euphorie. "Viele Fragen sind noch offen", sagte er dem "Tagesspiegel" (Dienstag). "Die Berliner Filialen sind erst dann gerettet, wenn es eine Einigung für das gesamte Unternehmen gibt."

Kaiser's Tengelmann schreibt seit der Jahrtausendwende rote Zahlen. Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub wollte die Supermarktkette an den Branchenprimus Edeka verkaufen. Das Bundeskartellamt hatte den vor mehr als zwei Jahren eingefädelten Deal jedoch untersagt - die Wettbewerbshüter befürchteten durch einen Verkauf der Kette ausgerechnet an den Marktführer Edeka weniger Wettbewerb und steigende Preise im deutschen Lebensmittelhandel.

Gabriel überstimmte dann die Wettbewerbshüter mit der Ministererlaubnis. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wiederum legte diese Sondergenehmigung nach Klagen der Wettbewerber Norma, Markant und Rewe auf Eis.

Bei einem Scheitern der Gespräche hatte Haub mit einer Zerschlagung der Kette gedroht - die Vorbereitung dafür hatten bereits begonnen. Die Schlichtungsgespräche unter Leitung von Schröder galten als letzte Chance, eine Zerschlagung zu verhindern. Kaiser's Tengelmann beschäftigt heute in gut 400 Filialen in München und Oberbayern, im Großraum Berlin und im Rheinland noch rund 15 000 Mitarbeiter.

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