Duisburger Verkehrsforscher "Diesel-Fahrverbote bewirken weniger als behauptet"

Bonn/Duisburg · Duisburger Verkehrsforscher finden heraus: Die Luft in belasteten Gebieten ist etwas besser geworden. Aber, sie meinen auch: Die Dieselkrise wird nicht so schnell zu Ende sein.

Ferdinand Dudenhöffer ist für klare Worte bekannt. „Diesel-Fahrverbote bewirken deutlich weniger als immer behauptet“, sagt der Direktor des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen. Einer Studie des Instituts zufolge ist die Luft in den meisten belasteten Gebieten etwas besser geworden. Andererseits gibt es auch Regionen mit Verschlechterungen.

Sehr enttäuschend sei darüber hinaus, dass die vom Umweltbundesamt (UBA) und den Messverantwortlichen gelieferten Daten nur für einen Teil der Messstationen online einsehbar seien. „Ausgerechnet für die Stationen in den durch Fahrverbote bedrohten Städten, mit Stickstoffdioxid-Konzentrationen (NO2) über 40 Mikrogramm (µg)/Kubikmeter (m³), sind nur ein Viertel der Stationen online einsehbar.“ Als Beispiele für nicht online einsehbare Messstationen nennt der Verkehrsexperte auch die Standorte Köln-Weiden und Bonn, Reuterstraße. Laut UBA lag die NO2-Belastung 2017 im Jahresmittel bei 50 beziehungsweise 48 µg/m³.

Der Wert von 40 Mikrogramm gilt als kritische Schwelle. „Überschreitet der Jahresmittelwert der Stickstoffdioxid-Konzentration die Schwelle von 40 Mikrogramm Stickstoffdixiod pro Kubikmeter Luft (NO2 µg/m³), bestehen nach den EU-Umweltgesetzen erhöhte gesundheitliche Belastungen und Gefahren für Menschen“, erläutern Dudenhöffer und sein Kollege Karsten Neuberger, Leiter Preisstrategien am CAR, die gemeinsam die Daten der Messstationen ausgewertet haben.

Das Fazit ihrer Analyse der online verfügbaren Messdaten ist ernüchternd: In vielen Gebieten würde der kritische Grenzwert trotz zahlreicher Maßnahmen rein rechnerisch erst in einigen Jahren unterschritten. „Obwohl in den beiden letzten Jahren große Programme zu Abwrack- und Wechselprämien bei den Autobauern aufgelegt und Software-Updates umgesetzt wurden, die Kommunen angefangen haben – wenn auch nur vereinzelt – Busse umzurüsten, in einigen Städten 30er Zonen eingerichtet wurden, bleibt der Erfolg dieser Maßnahmen bisher überschaubar“.

Schlimmer noch: Vereinzelt, so etwa in Koblenz und Leipzig, seien anhand der Daten für 2018 gar Verschlechterungen erkennbar, so die Duisburger. Die Analyse zeige, dass die Dieselkrise und die Fahrverbotsdiskussionen so schnell nicht zu Ende sein werden. Es müsse mehr getan werden, um das Problem zu lösen. Allerdings räumen die Forscher auch Erfolge ein. So seien im Vergleich der Jahre 2017 und 2018 die NO2-Konzentrationen in allen Belastungsgebieten bundesweit rückläufig. Und zwar um 1,7 Mikrogramm je Kubikmeter. Damit sind jene Gebiete gemeint, in den eine NO2-Belastung von mindestens 40 µg/m³ gemessen wurde.

Wie sieht es in der Region aus? Die beiden online abrufbaren Messstationen in Köln (Clevischer Ring und Turiner Straße) zeigen laut CAR einen Rückgang der Stickstoffdioxid-Konzentration um fünf beziehungsweise drei Prozent. Für Bonn nennt die Studie keine Daten.

Was Fahrverbote bewirken (oder nicht) haben die Forscher anhand der Ergebnisse aus Hamburg exemplarisch untersucht. „Die Wirkung des eingeführten Fahrverbots bleibt enttäuschend“ lautet deren Fazit. Trotz Diesel-Fahrverbot hätten sich die NO2-Konzentrationen in Hamburg in der Max-Brauer-Allee im Jahr 2018 erhöht. Gleichzeitig habe sich in der Zeit ohne Diesel-Fahrverbote (Januar bis Mai 2018) in der MaxBrauer-Allee die Konzentration um 0,7 µg/m³ verbessert. Dudenhöffer: „Damit hat man zunächst das Paradox, dass sich während der Dieselfahrverbotsperiode die NO2-Konzentration erhöht hat. Das Gegenteil von dem, was bezweckt wurde, ist eingetreten. Mit Einführung des Fahrverbots wäre zu erwarten gewesen, dass die NO2-Konzentration deutlich unter 30 µg/m³ fallen würde. Dieser Effekt ist allerdings bei weitem nicht eingetreten. Ob nun die in dieser Höhe bisher ausgebliebene Verbesserung der Luftqualität durch die vom Fahrverbot ausgenommenen Diesel-Fahrzeuge von Anwohnern und Gewerbetreibenden, immer noch zu schmutzige Euro-6-Diesel oder das Ignorieren der Verbote zustande gekommen ist, kann nicht beantwortet werden.“

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