Wirtgen wächst auf 2000 Mitarbeiter Wirtgen baut Standort Windhagen aus

Windhagen · Nach der Übernahme des Familienunternehmens durch den US-Traktorhersteller John Deere entstehen 400 Arbeitsplätze in Windhagen.

 Integration auf dem Werksgelände: Ein John-Deere-Traktor zieht Lasten bei Wirtgen in Windhagen. FOTO: WIRTGEN

Integration auf dem Werksgelände: Ein John-Deere-Traktor zieht Lasten bei Wirtgen in Windhagen. FOTO: WIRTGEN

Foto: dfg

Den 1. Juni 2017 werden die Mitarbeiter des Windhagener Baumaschinenherstellers Wirtgen nicht so schnell vergessen. Völlig überraschend hatte die Eigentümerfamilie den Verkauf des Unternehmens an den US-Konzern John Deere verkündet. „Die Aufregung war damals groß“, erinnert sich ein langjähriger Wirtgen-Mitarbeiter.

Heute ist vom Besitzerwechsel in den Windhagener Werkshallen kaum etwas zu spüren. Die riesigen Maschinen stehen weiterhin im weiß-orangen Wirtgen-Design auf dem weitläufigen Betriebsgelände. Einziger Hinweis auf die neue amerikanische Konzernmutter: Ein grün-gelber John-Deere-Traktor zieht den Anhänger mit Einzelteilen für die Produktion über das Gelände, das sich über rund drei Kilometer erstreckt.

„Die Integration läuft planmäßig“, teilt Frank G. Betzelt, Geschäftsführer der Wirtgen GmbH, mit. Bisher hätten die Umstellung auf die amerikanischen Buchhaltungsrichtlinien und juristische Fragen im Vordergrund gestanden. Aber auch bei der Technik wie dem Einsatz von Motoren und Komponenten sowie deren digitaler Steuerung wolle man eng zusammenarbeiten.

Überschneidungen in den Produktpaletten beider Unternehmen hat es nicht gegeben. John Deere produziert traditionell Maschinen für die Landwirtschaft wie Traktoren und Mähdrescher, aber auch Baufahrzeuge. Die Wirtgen-Gruppe deckt mit ihren Produktmarken Vögele, Hamm, Kleemann und Benninghoven den kompletten Arbeitsprozess im Straßenbau ab und bezeichnet sich als Weltmarktführer.

Im Windhagener Werk werden unter anderem die so genannten Kaltfräsen hergestellt. Die mit dem ausgeklappten Förderband bis zu elf Meter langen Kolosse fräsen alte Asphaltbeläge von Straßen. Andere Maschinen der Firmengruppe können die Reste dann recyceln und direkt als neuen Belag wieder aufbringen.

In der Belegschaft hätten sich die anfänglichen Sorgen zerstreut, heißt es aus Arbeitnehmerkreisen. Denn das Geschäft läuft. Seit der Übernahme hat Wirtgen die Zahl der Mitarbeiter am Hauptsitz Windhagen um 400 auf rund 2000 erhöht. Der John-Deere-Geschäftsbereich Bau und Forstwirtschaft, zu dem Wirtgen gehört, soll im Geschäftsjahr 2019 nach Konzernangaben seinen Umsatz um 15 Prozent steigern. Die börsennotierte US-Firmengruppe mit Sitz in Moline/Illinois gehört mit einem Jahresumsatz von umgerechnet rund 33 Milliarden Euro und bei einem Gewinn von umgerechnet etwa 2,1 Milliarden Euro zu den Marktführern der Branche.

Bei den Investitionen führe John Deere den Kurs der Familie Wirtgen fort, sagte Pressesprecher Mario Linnemann. „Für mehr als 90 Millionen Euro soll der Standort um 90 000 Quadratmeter erweitert werden.“ Geplant sei unter anderem ein Schulungszentrum. Dafür überschreitet Wirtgen die Landesgrenze und breitet sich aus Rheinland-Pfalz nach NRW ins benachbarte Bad Honnefer Industriegebiet Dachsberg aus.

Seit der Übernahme werden die Interessen der Wirtgen-Mitarbeiter von einem Betriebsrat vertreten. In Zeiten des Familienunternehmens sei das als nicht unbedingt notwendig angesehen worden, heißt es aus Belegschaftskreisen. Allerdings habe die Familie Wirtgen schon vor dem Verkauf die Betriebsratsgründung vorbereitet.

John Deere ist offensichtlich um Kontinuität bemüht. Die Amerikaner folgen der Familie Wirtgen auch bei den Weihnachtsbräuchen des Unternehmen: Wie zuvor erhält jeder Mitarbeiter eine Pute fürs Festessen.

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