Beschwerden bei der Deutschen Post Wenn der Zusteller nicht klingelt

Bonn · Die Zahl der Beschwerden über die Brief- und Paketzustellung, die im vergangenen Jahr bei der Bundesnetzagentur eingingen, ist um 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Bei der Bundesnetzagentur wurden 3318 Fälle gezählt. Im Jahr zuvor waren es 1950 Beschwerden, wie aus einer Auswertung der Bonner Behörde hervorgeht. Die meisten Meldungen kommen aus NRW.

Von den 3318 Meldungen insgesamt, kamen im Jahr 2015 mit 451 die meisten Beschwerden aus Nordrhein-Westfalen.

Von den 3318 Meldungen insgesamt, kamen im Jahr 2015 mit 451 die meisten Beschwerden aus Nordrhein-Westfalen.

Foto: picture alliance / dpa

Jeder kennt die Fälle aus eigenem Erleben oder aus dem Bekanntenkreis: Der Abholschein für das Päckchen liegt im Briefkasten, obwohl der Empfänger sich sicher ist, dass er den ganzen Tag zu Hause war und die Türklingel funktioniert. Der Nachbar war auch da.

Nie zuvor sind bei der Bundesnetzagentur so viele Beschwerden über die Paket- und Postzustellung in Deutschland eingegangen wie im vergangenen Jahr. Von den 3318 Meldungen insgesamt, kamen im Jahr 2015 mit 451 die meisten Beschwerden aus Nordrhein-Westfalen. Es folgten Berlin (351), Hamburg (317) und an vierter Stelle Niedersachsen (315). Die wenigsten Beschwerden kamen – wie schon 2014 – aus dem Saarland (15), geht aus der Auswertung der Bundesnetzagentur hervor. In einigen Regionen wie Berlin und Hamburg habe es punktuell auffällig verstärkte Beschwerdezahlen gegeben.

Damit setzt sich der steigende Trend fort: Bereits von 2013 auf 2014 hatte es ein Plus der Vorwürfe um 60 Prozent gegeben. 47 Prozent der Fälle bezogen sich 2015 auf auf Briefe und 28 Prozent auf Pakete.

Rund zwei Drittel der Beschwerden, die bei der Bundesnetzagentur insgesamt eingingen, rechnet sich die Deutsche Post DHL als Marktführer bei der Brief- und Paketzustellung zu. „Dass die Zahlen angestiegen sind, ist ärgerlich“, kommentierte gestern Post-Sprecher Dirk Klasen die Auswertung. Wenn Kunden sich über die Servicequalität beklagten, mache das natürlich unzufrieden. „Wir gehen jeder einzelnen Beschwerde nach“, sagte Klasen. Wenn sich in einem bestimmten Stadtviertel die Klagen über die Zustellung häuften, dann überprüfe ein Qualitätsmanager die Arbeit des Zustellers. Angesichts von 20 Milliarden Briefen und einer Milliarde Paketen, die die Post jedes Jahr zustelle, sei die Zahl der Kunden-Rückmeldungen über die Deutsche Post zwar relativ gering, aber der steigende Trend sei natürlich alarmierend. „Außerdem hilft diese Tatsache nicht dem Einzelnen, der ein Problem hat“, sagte Klasen

„Viele Beschwerden zu Briefen betrafen Zustellprobleme“, sagt ein Sprecher der Netzagentur. Kunden bemängelten, dass über einen längeren Zeitraum oder an bestimmten Wochentagen keine Zustellung stattfinde. Auch falsche Zustellungen und Rücksendungen ohne ersichtlichen Grund waren für die Postkunden ein wichtiges Thema. Zudem betrafen Klagen den Verlust von Briefen, lange Laufzeiten der Postsendungen oder auch Entgelte sowie Beschädigungen.

Die Post habe diese mit einem einem unvorhersehbaren hohen Krankenstand und dem Neuzuschnitt von Zustellbezirken oder vermehrtem Urlaubsaufkommen begründet. Die Bundesnetzagentur habe daraufhin genaue Informationen zur Personalplanung, zu den Zustellabbrüchen und zu den Zustelltouren eingefordert und und auf eine Verbesserung der Lage gedrängt, so ein Sprecher.

Den wochenlangen Streik der Zusteller machte die Bundesnetzagentur lediglich als Ursache für fünf Prozent der Beschwerden aus. Beklagt wurde allerdings öfter das teilweise schleppende Anlaufen der Briefzustellung der Deutschen Post DHL nach Ende des Streiks.

Bei ihrer Statistik hat sich die Bonner Behörde auf die Ebene der Bundesländer beschränkt. „Es kommen viele Meldungen aus ländlichen Regionen“, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur. In strukturschwachen Gebieten werde besonders häufig darüber geklagt, dass montags der Briefkasten leer bleibe. Bei der Zustellung von Briefen richten sich die meisten der Beschwerden naturgemäß an den Platzhirsch Deutsche Post DHL. Beim Versand von Paketen ist der Wettbewerb zwischen den Anbietern ausgeprägter, aber auch hier ist die Deutsche Post Marktführer. Bei Briefsendungen bis 1000 Gramm hat die Post einen Marktanteil von rund 90 Prozent, bei Paketen ist sie mit 43 Prozent Marktführer.

Dass die Zahl der Beschwerden über die Post stetig zugenommen hat, könnte Post-Pressesprecher Dirk Klasen zufolge auch einen ganze einfachen Grund haben: „Die Beschwerdestelle der Bundesnetzagentur ist deutlich bekannter geworden.“ Grundsätzlich sei aber jede Beschwerde über die Post eine zu viel. Das Unternehmen nehme sie sehr ernst.

Über die Jahre hinweg habe sich der Schwerpunkt der Beschwerden auch deutlich verändert, erläutert Klasen. Vor einigen Jahren hätten die Schließung von Filialen oder die Umwandlung von Filialen in Postagenturen im Vordergrund gestanden. Diese Meldungen gibt es heute deutlich seltener: „Das Gefühl, die Post ist nicht mehr präsent, wird kaum noch zum Ausdruck gebracht“, sagt Klasen. Schließlich gebe es 13 000 Postfilialen und 12 000 Paketshops.

Derzeit steht bei den Kunden der Statistik der Bonner Netzagentur zufolge die Qualität der Zustellung besonders im Blickfeld, sowohl bei Briefen als auch auch bei Paketen. Etliche Kunden melden sich bei der Bonner Behörde, weil sie den Eindruck haben, dass der Briefkasten montags oft leer bleibe. Diese Hinweisen ist die Bundesnetzagentur nachgegangen und und hat die Post zu Stellungnahmen aufgefordert. Den Vorwurf, die Montagszustellung gezielt „einzusparen“, habe das Unternehmen ausdrücklich bestritten, so der Sprecher. Das montägliche Briefaufkommen sei naturgemäß gering, da Geschäftskunden am Wochenende keine Briefe einlieferten. Die Einschränkung der Sonntagsleerung von Briefkästen sei eine Entscheidung, gegen die die Bundesnetzagentur nichts tun könne.

In Deutschland legt die Post-Universaldienstleistungsverordnung genau fest, wie lange Briefe unterwegs sein sollen: 80 Prozent der Briefe sollen nach einem Tag da sein und 95 Prozent nach zwei Tagen. Diese Ziel übertrifft die Post seit Jahren deutlich.

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