Kommentar zu den Richtlinien aus Brüssel Unreflektierte Schelte
Meinung | Brüssel · Bei allem Brüssel-Bashing sollte man nicht vergessen, wie groß die Errungenschaften der EU gerade auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik sind.
Aus Sicht von Unternehmen ist nicht alles, was aus Brüssel kommt, willkommen. Regulierung kann unangenehm sein. Etwa, weil sie die Standards beim Umwelt- und Verbraucherschutz hebt. Reformideen, die von den EU-Institutionen ausgeheckt werden, müssen auch nicht richtig sein. Etwa der Plan, die Einlagensicherung der deutschen Banken zu vergemeinschaften und dabei womöglich die Interessen der deutschen Sparer zu verletzen. Bei aller Kritik im Detail, gerade Unternehmer sollten sich aber nicht verführen lassen und unreflektiert einem pauschalen Brüssel-Bashing hingeben.
Sie sollten nicht vergessen, wie groß die Errungenschaften der EU gerade auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik sind. Der Binnenmarkt mit 500 Millionen Verbrauchern ist die Grundlage für Wachstum und Jobs, dessen Bedeutung gerade für die exportstarken Unternehmen im Südwesten nicht zu unterschätzen ist. Regulierung hat auch gute Seiten, etwa, wenn ein Autobauer ein neues Modell nicht in 28 Mitgliedsstaaten einzeln den Behörden vorführen muss, bevor es für den Markt zugelassen wird.
Und es ist in höchstem Maße besorgniserregend, dass der Trumpf, den die Europäer mit ihrer Marktmacht in der Handelspolitik haben, immer weniger geschätzt wird. Anstatt sich zu verweigern und mit platten Parolen Verhandlungen über Freihandelsabkommen zu sabotieren, müsste vielmehr beherzt zugegriffen werden. Nur im Dialog mit den USA und anderen Partnern haben die Europäer eine Chance, die ihnen wichtigen Werte bei den Spielregeln in einer globalisierten Welt festzuschreiben, etwa beim Umwelt- und Verbraucherschutz.
