Klimaschutzziele Telekom will Digitalisierung mit weniger Emissionen

Bonn · Die Deutsche Telekom setzt sich ein neues Klimaschutzziel. Ab 2021 soll der Strom aus erneuerbaren Energien kommen. Ein Selbstläufer ist das angesichts des umfangreichen Infrastrukturausbaus nicht.

 Noch sind sie mit einem herkömmlichen Fahrzeug unterwegs: Die Telekom-Techniker Gregor Manfahs (links) und Volker Esch.

Noch sind sie mit einem herkömmlichen Fahrzeug unterwegs: Die Telekom-Techniker Gregor Manfahs (links) und Volker Esch.

Foto: Benjamin Westhoff

Die digitale Vernetzung verbraucht jede Menge Energie. Neue Mobilfunktechnologie benötigt sogar mehr Strom als alte Technik. Der Ausbau der Netzinfrastruktur führt zu deutlich höherem Energieverbrauch. In diesem Umfeld hat sich die Deutsche Telekom ein neues Klimaziel gesetzt: Bis 2030 will der Bonner Konzern seine Kohlendioxid–Emissionen um 90 Prozent gegenüber 2017 senken. Wichtigstes Instrument: Ab 2021 will die Telekom konzernweit 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien beziehen und auch andere Emissionen aus Gas, Öl und anderen Energiequellen reduzieren. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Gesamtstromverbrauch der Telekom lag 2018 bei 52 Prozent.

Die Landesgesellschaften in Griechenland (OTE), Ungarn, Albanien, Österreich und in den Niederlanden (T-Mobile) sind Vorreiter: Sie bezogen 2017 ihren Strom bereits zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen. Auch die US-Tochter trägt zum Ziel bei: „T-Mobile US hat bereits eigene Verträge mit Windparks geschlossen“, erläutert Birgit Klesper, Senior Vice President Corporate Responsibility und zuständig für das Klimaprojekt. Das sei – anders als in Deutschland – direkt möglich.

Bereits 2013 hatte sich die Telekom 2013 ein Umweltziel vorgegeben. Ausgehend vom Basisjahr 2008 sollen die CO2-Emissionen bis 2020 um 20 Prozent senken. Damals war T-Mobile US noch nicht mit einbezogen. „Das Ziel werden wir auf jeden Fall erreichen“, sagt Klesper. Angesichts des umfangreichen Infrastrukturausbaus der Telekom sei das kein Selbstläufer, aber es werde funktionieren.

Auch die Emissionen aus Lieferkette und Nutzungsphase der Telekom-Produkte durch Kunden gehe der Konzern an. Dabei geht es um Emissionen, die durch die Unternehmenstätigkeit verursacht werden, aber nicht unter der Kontrolle des Unternehmens stehen, zum Beispiel bei Zulieferern, Dienstleistern oder Mitarbeitern. in Fachkreisen wird das als Scope 3 bezeichnet. „Hier haben wir uns zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette pro Kunde bis 2030 um 25 Prozent gegenüber 2017 zu reduzieren“, so die Expertin für Umweltfragen. Die Fragestellung dahinter sei, was die Telekom tun könne, damit Kunden Energie sparen. So werde aus dem Klimaschutzziel auch ein Geschäftsmodell. Denn Telekom-Kunden stünden ja auch vor der Herausforderung, Kohlendioxid-Emissionen einzusparen.

Gerade Rechenzentren verbrauchen viel Energie: „Wir bündeln den Datenverkehr auf wenige, besonders effiziente Rechenzentren“, so Klesper. Darüber hinaus optimiere das Unternehmen fortlaufend die vorhandenen. So modernisiere man die Kühlsysteme und entwickele die IT-Technik weiter. „Mit beiden Maßnahmen kann der Energieverbrauch deutlich gesenkt werden“, so Klesper. Aber: „Der neue Mobilfunkstandard 5G wird viel Strom brauchen – das ist nicht wegzudiskutieren.“

Beim Telekom-Vorstand rannte Klesper mit den Plan zu den Klimaschutzzielen offene Türen ein, erzählt sie. Der Vorstand wollte die Ziele sogar kurzfristiger umsetzen, als sie vorgeschlagen hatte.

Höttges: Telekom als Vorbild

Vorstandschef Timotheus Höttges beschäftigte sich auf der Hauptversammlung mit dem Thema. Die junge Generation frage derzeit: „Baut ihr Zukunft? Oder verbaut ihr Zukunft?“ Zwar würden digitale Anwendungen helfen, insgesamt CO2 einzusparen. Doch mit energieintensiven Rechenzentren sei die Telekom „Teil des Problems“ beim Klimawandel. „Wer wenn nicht wir sollte ein Vorbild sein?“, fragte Höttges.

Die Telekom befindet sich in Gesellschaft anderer Großkonzerne, die sich ebenfalls Umweltziele gegeben haben. Die Deutsche Post DHL Group will bis 2050 alle logistikbezogenen Emissionen netto auf null reduzieren. Gegenüber dem Basisjahr 2007 soll die CO2-Effizienz bis zum Jahr 2025 um 50 Prozent verbessert und die Zustellung der Pakete zu 70 Prozent auf saubere Lösungen umgestellt werden. Die Fastfoodkette McDonald's will den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2030 weltweit um mehr als 30 Prozent verringern.

Die Mobilität macht bei der Telekom nur drei Prozent der Gesamtemission aus. Manches ist einfach zu lösen: „Mit Blick auf den Klimaschutz ist jede Dienstreise, die durch Konferenztechnik ersetzt werden kann, eine gute Dienstreise“, so Klesper. Doch anderes ist deutlich schwieriger. Die Telekom hat in Europa eine Fahrzeugflotte von rund 37 500 Autos. Ihr Kauf und Betrieb wird durch die Tochterfirma Telekom Mobility Solutions organisiert. Ihre Geschäftsführer Olga Nevska und Rainer Heil wollen in den kommenden Jahren die Flotte umstrukturieren, dass sie einen Beitrag zum Klimaziel leistet. Noch ist Diesel der dominierende Antrieb. „Durch den regelmäßigen Austausch haben wir schon viele Fahrzeuge mit Euro-6-Norm im Einsatz“, sagt Heil. Für die 23 500 Fahrzeuge umfassende Serviceflotte, mit den die Techniker unterwegs sind, sei es derzeit kaum möglich, auf Elektroantrieb umzurüsten. Da die Fahrzeuge für schwere Ladung geeignet sein müssten und einen Stromanschluss für die Laptops der Techniker bräuchten, gebe es derzeit nichts Geeignetes. Auch der von der Deutschen Post entwickelte Streetscooter sei für die Zwecke der Telekom-Techniker nicht geeignet, da sie häufiger längere Strecken fahren müssten und dann die Ladung nicht reiche.

Auswirkungen auf Fuhrpark

Bei den 14 000 Dienstfahrzeugen, zu denen 2000 Autos für Manager gehören, beginne die Telekom, alternative Antriebsformen anzubieten. Und dazu gehöre Überzeugungsarbeit: „Wir schauen uns die Mobilitätsprofile der Fahrzeugnutzer genau an. Die sind sehr unterschiedlich für unsere Techniker, Vertriebler oder Manager“, so Heil. Wenn der Weg zwischen Wohnung und Büro für die Batterieleistung des Elektrofahrzeugs zu lang sei oder Zuhause keine Lademöglichkeit bestehe, dann sei ein Elektrofahrzeug nicht geeignet. Wer sich Sorgen mache, dass er im Urlaub keine Möglichkeit zum Laden finde, könne sich für Reisen ein anderes Fahrzeug aus der Flotte ausleihen.

Das Leihen funktioniert bald über eine App. So können sie sich einen kleinen Transporter für den Möbeltransport am Wochenende organisieren. „Per App lässt sich auch das Fahrzeug öffnen“, sagt Norbert Wikowsky, bei Telekom Mobility Solutions zuständig für Kommunikation und Nachhaltigkeit. Der Schlüssel liege im Fahrzeug bereit. So seien die Telekom-Mitarbeiter nicht auf eine Leihwagenstele angewiesen, wo sie sich etwas abholen müssten. Wikowsky bedauert es, dass die Autobranche derzeit kaum die Erdgas-Antriebe weiterentwickelt: „Im Sinne der Nachhaltigkeit wäre das sinnvoll.“

Immerhin hilft eines, die Menge der Gesamtemissionen zu verringern: „Unsere Flotte schrumpft derzeit jährlich um rund 1000 Fahrzeuge“, sagt Heil. Vor einigen Jahren seien es noch mehr als 40 000 Fahrzeuge gewesen. Der Grund dafür sei zum Beispiel die geringere Wartungsintensität der modernen Telefonnetze.

Um bei den Mitarbeitern für den Elektroantrieb zu werben, plant Nevska eine Kampagne. „Wir brauchen unternehmensinterne Botschafter“, sagt Nevska. Wenn Manager Elektroautos nutzten, dann habe das einen Vorbildcharakter für andere Mitarbeiter.

Wer unter den leitenden Mitarbeitern Anspruch auf einen Dienstwagen hat, kann sich diese Ansprüche auch auszahlen lassen, erläutert Heil. Wer auf einen Dienstwagen verzichtet, könne eine Bahncard 100 erhalten. 6000 Mitarbeiter hätten sich per Gehaltsumwandlung auch bereits für ein Fahrrad entschieden. „Es ist auch eine Generationsfrage“, sagt Nevska. Jüngere Mitarbeiter würden eher auf ein eigenes Auto verzichten.

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