Telekom: "Bunny" sollte Hacker aus Hennef stoppen

Neue Vorwürfe gegen den Bonner Konzern: Unternehmen hat angeblich Kunden-Telefonate aufgezeichnet, um Computer-Angriff im Jahr 1996 zu enttarnen

Telekom: "Bunny" sollte Hacker aus Hennef stoppen
Foto: dpa

Bonn. "Rheingold", "Clipper" und jetzt "Bunny" - die Liste der ausgefallenen Decknamen für Operationen bei der Telekom ist seit Freitag um eine Bezeichnung länger.

"Bunny" steht nach Informationen des Fernsehsenders ZDF und des Magazins "Wirtschaftswoche" für einen Vorgang, bei dem der Bonner Konzern Ende des Jahres 1996 Telefonate von Kunden aufgezeichnet und so das Fernmeldegeheimnis verletzt haben soll.

Die Telekom bestreitet die Vorwürfe. "Es ist nicht zum Abhören von Gesprächen gekommen", sagte ein Sprecher dem GA. Vielmehr sei es um die legale Abwehr einer der größten Hackerangriffe in der Geschichte des Unternehmens gegangen.

Während "Rheingold" und "Clipper" für groß angelegte Spionageattacken stehen, mit denen die Telekom undichte Stellen im eigenen Konzern ausmachen wollte, sind bei "Bunny" nach Angaben der beiden Medien vier Privatanschlüsse in Hennef Ziel einer elektronischen Überwachung geworden.

120 Anrufe von drei verdächtigen Personen sollen erfasst und Gesprächsinhalte technisch verfügbar gemacht worden sein. Laut ZDF soll der damalige Telekom-Vorstand Hagen Hultzsch die Ermittlungen gegen mutmaßliche Hacker genehmigt haben. Später soll es intern zu einem Streit über die Rechtmäßigkeit der Aktion gekommen sein.

Die Telekom räumte gestern Maßnahmen gegen eine Person ein, zu deren Wohnort keine Angaben gemacht werden könnten. Es habe 1996 klare Anzeichen für einen bereits laufenden Hacker-Angriff auf die Computer-Systeme der Telekom gegeben, "offenbar als Teil einer weltweiten Hackeroffensive".

In der Folge sind, so der Sprecher weiter, sogenannte Steuersignale erfasst worden, mit denen sich ein möglicher Angriff und der Weg des Hackers ins Telekom-Netz erkennen lässt. Dieses Vorgehen sei damals und heute durch einen Paragrafen im Telekommunikationsgesetz, der es einem Dienstanbieter erlaubt, solche Bestandsdaten zu erheben, um einen Angriff abzuwehren, gedeckt gewesen

. Zudem seien Kripo und Staatsanwaltschaft in die Ermittlungen einbezogen gewesen. Der Bonner Oberstaatsanwalt Fred Apostel konnte das gestern auf Anfrage nicht bestätigen. Akten aus der fraglichen Zeit seien längst abgelegt und vernichtet.

Details zu dem Fall sind laut Telekom nach zwölf Jahren nicht mehr rekonstruierbar. Dazu zählt auch die Frage, ob der damalige Vorstandsvorsitzende Ron Sommer über die Aktivitäten informiert war. Die zuständige Aufsichtsbehörde, damals das Bundesministerium für Post und Telekommunikation, sei aber in Kenntnis gesetzt worden.

Sie habe den Fall damals gerügt, bestätigt die Telekom. Nach ZDF-Informationen stufte das Ministerium den Vorgang damals als "strafrechtlich in hohem Maße bedenklich" ein. Gegen die beteiligten Mitarbeiter des Konzerns sei aber nicht ermittelt worden. Laut Telekom ist die Aktion "Bunny" damals "strafrechtlich überprüft worden".

Keine Angaben wollte das Unternehmen zum Verhalten des Managements machen. Laut ZDF soll der damalige Personalvorstand Heinz Klinkhammer im März 1997 die Anweisung gegeben haben, die Überwachungsaktion geheim zu halten, nachdem auch intern offenbar Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aktion laut geworden waren.

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