GA-Serie Lehrstellen-Check So sieht die Arbeit einer Hotelfachangestellten aus

Bonn · Betten machen, Bankette planen, Bardame sein - die Aufgaben einer Hotelfachfrau sind vielfältig. GA-Mitarbeiterin Judith Nikula hat einen Tag lang den Selbstversuch im Kameha Grand Hotel gemacht.

Gleich an der ersten Zimmertür baumelt ein schmales Schild von der Türklinke. „Bitte nicht stören“, steht darauf geschrieben. Sofort lässt Nadja Ehrenberg die Hand sinken, mit der sie gerade noch anklopfen wollte, und steuert in dem weitläufigen Flur auf die nächste Tür zu. Aus diesem Zimmer sind die Gäste bereits abgereist. Routiniert betritt die 28-Jährige den Raum. Über den dunkelgrauen Teppich geht sie wenige Schritte bis ins Badezimmer und sieht auf den ersten Blick, welche Aufgaben ihr dort bevorstehen. „Mülleimer ausleeren, Handtücher austauschen, Seife wechseln“, murmelt sie leise vor sich hin.

Es ist 8 Uhr morgens. Draußen scheint die warme Sommersonne vom strahlend blauen Himmel. Während Nadja Ehrenberg sich voller Energie an ihre Arbeit als sogenannte Cleanerin im Hotel begibt, steckt mir die Müdigkeit noch in den Knochen. Der Wecker klingelte an diesem Morgen bereits um 6.15 Uhr. Einen Tag lang arbeite ich wie eine Auszubildende im Kameha Grand Hotel am Bonner Bogen mit. Dort will ich herausfinden, wie der typische Alltag in der Hotellerie aussieht.

Das Housekeeping, also die Zimmerreinigung, ist nur die erste von fünf Stationen, die ich innerhalb von acht Stunden durchlaufen werde. Am frühen Morgen putze ich die ersten Badezimmer, stelle Kaffeemaschinen für die anreisenden Gäste ein und tausche Bettwäsche aus. Ehrenberg macht den Job seit elf Jahren und lacht, als ich versuche, die Kopfkissen so schnell wie möglich zu beziehen. „Denk dran, dass da noch jemand drin schlafen möchte“, schmunzelt sie, als es mir auch nach zwei Versuchen nicht gelingen will, den Bezug faltenfrei aufzuziehen.

Kameha: 35 Azubis in neun Bereichen

Vor neun Jahren hat das Kameha in Ramersdorf eröffnet. Seither arbeiten jedes Jahr durchschnittlich rund 35 Auszubildende in dem Hotelbetrieb. Eingesetzt werden sie in mehr als neun Bereichen: Das beginnt bei der Gastronomie und reicht übers Marketing bis hin zur Rezeption.

„Im Hotel wird es nie langweilig“, betont Lisa Mies aus der Personalabteilung. Seit August 2015 arbeitet sie im Kameha, absolvierte selbst eine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Ahrkreis, nachdem sie die Schule in der Oberstufe abgebrochen hatte. Damals musste sie sich entscheiden, ob sie Architektin oder Hotelfachfrau werden wollte. Die Wahl fiel schnell auf Letzteres: „Ich hatte schon immer eine soziale Ader, die ich nun im Hotel perfekt ausleben kann.“

Drei Jahre dauert die Ausbildung im Kameha. In dieser Zeit lernen die Auszubildenden, wie sie Gäste betreuen, Speisen und Getränke servieren, Veranstaltungen planen und Marketingkampagnen umsetzen. Sie werden an der Bar und im Restaurant eingesetzt, im Verkauf und im Bankett, im Housekeeping und als sogenannte Floor Supervisor, eine Art von Aufsichtspersonen, welche die bereits gereinigten Zimmer überprüfen und im Anschluss für die Gäste freigeben.

Ausbildung glänzt mit vielfältigen Aufgaben

Abwechslungsreich – so lässt sich der Beruf wohl am besten beschreiben. Auch ich lerne beim Blick hinter die Hotelkulisse äußerst schnell, wie vielfältig die Arbeit als Auszubildende ist. Zur Mittagszeit bin ich zwar schon erschöpft vom Putzen der Zimmer, dennoch geht es für mich weiter an die Rezeption, wo ich dabei helfe, eine große Gruppe Tagungsgäste auf ihre Zimmer zu verteilen.

Teamgeist wird im Kameha großgeschrieben. Jeder hilft jedem, alle scheinen sich zu mögen. Doch dass insbesondere der Kontakt mit den Gästen nicht immer einfach ist, merke ich spätestens, als sich ein älteres Ehepaar an der Rezeption minutenlang über sein Zimmer beschwert, allerdings ohne dabei näher darauf eingehen zu wollen, was ihm denn konkret missfallen hat.

Mitarbeiterin Lisa Haas schlichtet den Konflikt dennoch mühelos. Seit drei Jahren arbeitet sie im Kameha und hat schnell gelernt, Gästen gegenüber stets ruhig und freundlich zu bleiben. „Wir sind hier an der Rezeption oftmals die ersten Ansprechpartner bei Problemen“, erklärt sie. Kritik von unzufriedenen Gästen dürfe man aber nicht persönlich nehmen. Der korrekte Umgang mit Beschwerden ist wichtiger Bestandteil der Ausbildung im Hotel.

Arbeiten auch an Feiertagen

Dass zusätzlich auch die Arbeitszeiten ungewöhnlich sind, erzählt Magdalena Markovic, die seit August 2017 als Auszubildende an der Bar und in den Restaurants des Kameha arbeitet. An diesem Tag steht sie hinter der silbern glänzenden Theke im Eingangsbereich. „Wir arbeiten häufig, wenn andere frei haben“, sagt sie, während sie Milch für einen Cappuccino aufschäumt. Besonders an Feiertagen wie Weihnachten und Silvester stehe das Privatleben zurück: „Das ist nicht immer leicht“. Trotzdem kann sich die Auszubildende keinen besseren Beruf für sich vorstellen: „Man merkt sehr schnell, meistens im ersten Lehrjahr, ob es der geeignete Job ist.“

Aus dem Berufsbildungsbericht 2018 geht indessen hervor, dass bundesweit nahezu jeder Zweite seine Ausbildung in der Hotellerie abbricht. Die Gründe dafür werden von der Studie zwar nicht erfasst, doch an meinem Tag im Kameha wird deutlich: Wer in der Branche arbeiten möchte, muss emotional und körperlich belastbar sein. Auch das durchschnittliche Gehalt der Hotelauszubildenden gleicht mit wenigen hundert Euro in den ersten Lehrjahren wohl mehr einer Aufwandsentschädigung als einem Lohn, von dem es sich problemlos leben ließe.

Und dennoch: Für die Mitarbeiter, die ich an diesem Tag im Kameha kennenlernen darf, überwiegen die positiven Seiten. Sie arbeiten an einem Ort, an dem es nie langweilig wird und der jeden Tag neue Herausforderungen bietet. „Außerdem ist das Team irgendwann wie eine große Familie“, betont Lisa Mies und lächelt. Wer von Anfang an mit Leidenschaft dabei ist, der wird seine Begeisterung fürs Hotel so schnell nicht wieder verlieren. Zumindest im Kameha, so wirkt es an diesem eindrucksvollen Arbeitstag auf mich, ist das der Fall. Die Hotelfachleute sind allesamt mit viel Herzblut dabei. Und sie werden es auch bleiben.

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