Konjunktur in der Region So beurteilen IHK-Unternehmen in der Region ihre Lage

Bonn · Das Konjunkturklima in der Region hat sich in den vergangenen Monaten leicht eingetrübt, bewegt sich aber auf einem „relativ stabilen Mittelniveau“. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg in ihrem am Dienstag vorgestellten Wirtschaftslagebericht für diesen Herbst.

Sorgenkind ist der Einzelhandel (siehe Grafik), der als einzige Branche unter den Mittelwert von 100 Punkten gesunken ist. Erfreulich sieht es hingegen im für den Kammerbezirk so wichtigen Dienstleistungssektor aus, der mit 131 Punkten den höchsten Geschäftsklimaindex erreichte. 80 Prozent der Unternehmen in der Region sind Dienstleister, darunter Telekom und Deutsche Post.

Gegenüber dem Frühsommer hat sich das Konjunkturklima um acht Punkte eingetrübt. Knapp 36 Prozent der befragten Unternehmen beurteilten ihre Geschäftslage als gut, 54 Prozent als noch befriedigend und nur zehn Prozent erklärten, ihre Lage sei schlecht. Eine Verbesserung erwarten 22 Prozent, 15 Prozent rechnen hingegen mit einer Verschlechterung ihrer Geschäfte. Der weit überwiegende Teil der Unternehmen sieht keine Veränderungen auf nahe Sicht.

Ein Grund für die leichte Eintrübung sind die stagnierenden Exporte. Viele Unternehmer sind durch die außenpolitischen Entwicklungen verunsichert. Kammerpräsident Wolfgang Grießl nannte den Brexit, die anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA, die weiterhin bestehenden Sanktionen gegen Russland sowie die politischen Spannungen in der Türkei, wo etwa der Tourismus schon um 60 Prozent eingebrochen sei.

Das Geschäftsklima im Einzelhandel verschlechtert sich bereits seit Mitte 2015. Zum dritten Mal innerhalb von drei Jahren rutschte der Index unter den Mittelwert von hundert Punkten. Dabei liegen die Probleme vor allem in Bonn, wie Konjunkturexperte Michael Schmaus erklärte. Während der Einzelhandel im Rhein-Sieg-Kreis mehr Fläche gewinnt, müssen viele Bonner Händler darum kämpfen, ihre Kunden zu halten. „Das schnelle Wachstum des Onlinehandels verunsichert die Geschäftsleute“, sagte Grießl. Ohne einen eigenen Internetauftritt und Angebote, Ware online zu bestellen, könne kein Geschäft die nächsten 20 Jahre überleben, meinte Schmaus.

„Wir brauchen ein intelligentes Parkleitsystem“

Ein weiterer Aspekt, der weniger den Handel als die Politik betrifft, ist das Stadtbild. „In die Innenstadt gehe ich, um ein Erlebnis zu haben, nicht um ein paar Socken zu kaufen“, sagte Grießl. Die Innenstadt müsse einfach attraktiver werden, das zöge auch die Kunden ins Zentrum. Als positives Beispiel nannte er den sanierten Friedensplatz.

Eine Lösung müsse es nun auch bald für das Viktoriakarree geben. An vielen Ecken präsentiere sich Bonn längst nicht so, wie es einer Bundes-, UN- und Beethovenstadt anstünde. Eine Katastrophe sei zudem das Parkproblem: „Wir brauchen ein intelligentes Parkleitsystem.“ Grießl denkt an eine Smartphone-App, wie es sie bereits für den öffentlichen Nahverkehr mit der „EasyGo“-Software gibt.

Sehr zufrieden zeigte sich das Gastgewerbe: Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen beurteilt ihre Lage als gut. In dieser Branche gab es in den vergangenen Jahren kontinuierlich steigende Übernachtungszahlen. „Das WCCB wird sicherlich positive Effekte bringen“, erklärte Grießl. Gleichzeitig nehme die Konkurrenz zu, sagte er mit Blick auf einige neue Burgerrestaurants.

Für die Herbstumfrage hatte die IHK 1200 von 57.000 Unternehmen der Region angeschrieben.

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