Siegburger Familienfirma zwischen Branchenriesen

Die Dohle-Handelsgruppe will sich mit ihren 93 Hit-Märkten auf Deutschland konzentrieren, während es die Konkurrenz vor allem ins Ausland zieht - Kölner Kaffeeröster und Tante-Emma-Laden im Siebengebirge

Siegburg. Versteckt hinter Hecken und Bäumen, fast schon im Wald, am Ortsrand von Siegburg liegt die Zentrale der Dohle-Gruppe. Den Namen kennen im Gegensatz zu Branchengrößen wie Aldi, Rewe oder Metro nur wenige Supermarkt-Kunden.

Dabei kaufen sie vermutlich gelegentlich in den Geschäften des Unternehmens ein: Dohle betreibt bundesweit derzeit 93 Hit-Märkte, davon 13 in der Region. Der Umsatz einschließlich Mehrwertsteuer lag im vergangenen Jahr bei 2,3 Milliarden Euro. Damit steht der Konzern auf Platz 14 der größten Lebensmittelhändler Deutschlands. Dohle ist eines der letzten vom Inhaber geführten Familienunternehmen in der hart umkämpften Branche.

Als Exot unter den Handelsriesen schwimmen die Siegburger mit ihrer Firmenstrategie gegen den Strom. "Während die Konzerne vor allem auf ihr Auslandsgeschäft setzen, konzentrieren wir uns auf den deutschen Markt", sagt Christoph Clavadetscher, der gemeinsam mit Klaus Dohle aus der Inhaberfamilie und einem weiteren Geschäftsführer das Unternehmen leitet.

Im Gegensatz zu Rewe oder Metro, die vom Discounter bis zum Fachmarkt verschiedene Ketten betreiben, ist Dohle nur mit einem Format auf dem Markt: Die Hit-Geschäfte mit einer Großfläche zwischen 3 500 und 5 000 Quadratmetern. "Als Mittelständler können wir hier viel schneller als die Großen reagieren und Entscheidungen treffen, etwa wenn es um regionale Produkte im Sortiment geht", sagt Clavadetscher.

Vor allem Großstädte und Ballungszentren seien für Dohle als Standorte interessant. "Nach erfolgreichem Einstieg in München wollen wir nun in Hamburg einen Markt eröffnen", sagt der Geschäftsführer. Seine 15 Filialen in Polen hat Dohle vor vier Jahren an den britischen Handelskonzern Tesco verkauft. "Der Wettbewerb hat sich dort so stark entwickelt, dass Mittelständler kaum noch eine Chance hatten." Mit zwei Märkten versuchen sich die Siegburger jetzt in Bulgarien.

Im Inland arbeitet Dohle seit Jahresanfang mit der Kölner Rewe-Gruppe zusammen. Ein Signal für eine anstehende Übernahme sei dies jedoch nicht, versichert Clavadetscher. "Dohle bleibt ein eigenständiges Familienunternehmen." Lediglich bei der Logistik - dem Transport der Waren in die Märkte - und dem Einkauf bei gemeinsamen Lieferanten ließen sich die Siegburger von ihren Kölner Nachbarn unterstützen.

"Das ist für uns als Mittelständler eine enorme Entlastung", sagt der Schweizer Manager, der seit Jahresanfang für das Unternehmen arbeitet. Stellenabbau habe es durch die Kooperation bei Dohle nicht gegeben. Neben den rund 300 Beschäftigten in der Zentrale arbeiten etwa 6 200 Menschen in den Märkten.

Mehr als 100 Jahre hat es gedauert, bis die Einzelhandelsgruppe diese Größe erreicht hat. Den Grundstein legte Gerhard Schröder. Nicht der Ex-Kanzler, sondern ein gleichnamiger Lebensmittelhändler aus Quadrath bei Köln, der 1901 seinen Laden eröffnete.

26 Jahre später gründete Jean Dohle aus dem Siebengebirgs-Dorf Quirrenbach sein Einzelhandels-Geschäft. Sein Sohn Kurt - heute sitzt er mit 72 Jahren dem Beirat der Dohle-Holding vor - heiratete Maria Schröder und fügte auf diese Weise beide Betriebe zusammen. Zu dem Kölner Lebensmittelhandel der Schröders gehörten mittlerweile auch eine Kaffeerösterei und eine Likörfabrik.

Die ersten gemeinsamen Geschäfte haben ihre Standorte in Sankt Augustin und Kerpen-Sindorf bei Köln. Aus den Anfangszeiten ist die starke Präsenz der Hit-Märkte in der Region geblieben. In Dormagen hat Dohle einen Test-Markt eröffnet, in dem das Unternehmen prüfen will, welche neuen Produkte und Marketing-Strategien die Kunden überzeugen.

Zuletzt standen - nicht nur in Dormagen - die Ladenöffnungszeiten auf dem Prüfstand. Während der Fußball-Weltmeisterschaft hat Dohle an verschiedenen Standorten seine Märkte erst um 22 Uhr geschlossen.

Laut Clavadetscher mit Erfolg: "Der Umsatz ist von Woche zu Woche gestiegen." Die Kunden hätten offenbar das Bedürfnis, abends später einzukaufen, wenn auch nicht rund um die Uhr. Er erwartet, dass in Nordrhein-Westfalen - wie am Dienstag in Rheinland-Pfalz vorgeschlagen - die Beschränkungen bald fallen.

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