Ernteausfälle durch Pilzbefall der Trauben Schwarze Schrumpeltrauben

Bonn/Ludwigshöhe · Die deutschen Winzer beklagen Ernteausfälle durch Pilzbefall. Auch regional sorgen die Juliregen vereinzelt für Folgeschäden.

 Großer Ernteausfall: Die Bio-Winzerin Lotte Pfeffer-Müller zeigt mit dem Falschen Mehltau befallene Reben.

Großer Ernteausfall: Die Bio-Winzerin Lotte Pfeffer-Müller zeigt mit dem Falschen Mehltau befallene Reben.

Foto: dpa

Selten ist für die Winzer ein Jahr so schwierig, arbeitsreich und voller Ungewissheiten wie dieses. Immer wieder prasselte Starkregen herab, bis die Weinberge unbefahrbar wurden. Pilze breiteten sich in der feuchten Umgebung schnell aus und wüteten in Blättern, Stängeln, Blüten und Trauben. Besonders die Bio-Winzer hatten der Krankheit nicht so viel entgegenzusetzen und haben oft einen großen Teil ihrer Trauben verloren. So ernten die Winzer derzeit in zahlreichen keine prall gefüllten Trauben, sondern blicken auf vertrocknete Gerippe. Schuld ist die Pilzkrankheit Falscher Mehltau. Auch in der Region beklagen die Winzer vereinzelt Folgeschäden aus den Niederschlägen im Juli und den feuchten Temperaturen. Im Vergleich zu der Region Rheinhessen sind sie aber nur marginal betroffen. Dort rechnet man mit bis zu einem Drittel Ausfall der Ernte.

„Wir haben Wetten abgeschlossen, ob wir 10, 15 oder 20 Prozent aus dem Weinberg holen“, sagt die von Demeter und Ecovin zertifizierte Winzerin Lotte Pfeffer-Müller. Damit meint sie ihre Scheurebe, die im rheinhessischen Ludwigshöhe weit unten in der Rheinebene steht – und damit oft im Morgentau. Der Müller-Thurgau weiter oben, wo der Wind stärker und es weniger feucht ist, sehe hingegen viel besser aus. Bald wird sie es genau wissen, wo wie viel verloren gegangen ist. In diesen Tagen fahren die Winzer in ihre insgesamt 102 000 Hektar Weinberge, um die Ernte einzuholen – die um einiges geringer ausfallen dürfte als im langjährigen Schnitt.

Das Weingut Sonnenberg im Ahrtal hat zwar auch Ausfälle zu beklagen, jedoch nicht in den Dimensionen der rheinhessischen Winzer. „Insgesamt fehlen uns vielleicht fünf bis zehn Prozent“, sagt Inhaber Marc Linden. „Unterm Strich können wir uns aber nicht beschweren, denn woanders waren die Schäden weitaus größer. Dennoch war es sicherlich kein einfaches Jahr.“ Die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr untermauert Lindens Aussagen: „Die Winzer mussten sehr auf der Hut sein dieses Jahr, da die Reben durch den vielen Niederschlag sehr pilzanfällig waren. Dennoch sind die Auswirkungen nicht wirklich dramatisch“, so die Genossenschaft.

Bei Bio-Winzern sind die Folgeschäden der Niederschläge allerdings weitaus schwerwiegender als bei den konventionellen Weinproduzenten. „Wir bekommen Horrormeldungen aus vielen Betrieben und Regionen“, sagt Andreas Hattemer, Vorstandschef des Bundesverbandes ökologisch arbeitender Weingüter Ecovin. Vor allem der Falsche Mehltau, auch Peronospora genannt, hat ihnen extrem zugesetzt. Konventionelle Winzer spritzen Kaliumphosphonat dagegen, ihnen aber ist das Mittel seit drei Jahren verwehrt.

Damals machte die EU die Substanz vom Pflanzenstärkungs- zum Pflanzenschutzmittel. Seitdem bleiben den Bio-Winzern Kupfer und Wasserglas zur Abhärtung sowie pflanzliche Zusätze zur besseren Haftung. Ganze 14 Mal habe sie in diesem Jahr gespritzt, berichtet Pfeffer-Müller. „Denn nach einem Starkregen ist alles wieder runter.“ Ähnliches berichtet Alexander Weber von der Maibachfarm in Bad Neuenahr-Ahrweiler: „Fast wöchentlich mussten wir raus fahren, um zu spritzen.“ Beim Frühburgunder beklagt der Winzer einen Ausfall von zehn Prozent, insgesamt sei der Ausfall zwar stärker als in den letzten Jahren, es wäre aber sehr lagen- und sortenabhängig, wie hoch der Verlust wäre. Insgesamt spricht er von einem schwierigen Jahr für das Weingut.

Eigentlich dürfen die Winzer in Deutschland nur drei Kilogramm Kupfer pro Hektar und Jahr ausbringen. 2016 wurde dies auf vier Kilogramm erhöht. „Im Prinzip war das noch immer zu wenig“, sagt Pfeffer-Müller. Am Ende hätten sie die Lösung immer mehr verdünnen müssen, um sie weiter ausbringen zu können. Dabei will die Bio-Winzerin Kupfer doch eigentlich nur als „Heilmittel“ einsetzen. Nicht zu viel von dem Element, das ein Schwermetall ist, soll in den Boden gelangen. Sie setzt auch sonst gern auf Pflanzenextrakte, Gesteinsmehle, Backpulver und das Abschneiden von Holunderbeeren, um Pilze wie den Echten Mehltau und Schädlinge wie die Kirschessigfliege zu bekämpfen.„Aber bei großem Infektionsdruck der Peronospora reicht das nicht.“

Mittlerweile acht Prozent der Rebfläche in Deutschland werden in biologischer Landwirtschaft bestellt. Nach diesem Jahr, könnten es sich einige noch einmal überlegen. Was also tun? Soll Deutschland einfach mehr Kupfer zulassen, so wie andere EU-Länder? Eine Lösung könnte auch aus anderer Richtung kommen: Es gibt Rebsorten, die widerstandsfähig gegen Pilze sind. „Aber man kann jetzt nicht hektarweise Weinstöcke rausreißen. Es ist eine Sache einer ganzen Generation, ein Weingut umzustellen“, sagt Ecovin-Vorstand Hattemer. Doch Sorten wie Regent und Johanniter seien in der Vermarktung schwierig. „Das sind Sorten, die in Amerika keiner kennt. Dort wollen sie ihren Riesling.“

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