Gemeinsamer Binnenmarkt Regionale Großunternehmen stützen europäische Idee

Köln · Großunternehmen in der Region wie Lanxess oder DHL profitieren vom gemeinsamen Binnenmarkt durch die Europäische Union. Zölle und zeitaufwendige Kontrollen würden die Konzerne belasten.

 Der Bonner Paketdienstleister DHL beschäftigt 76 Prozent seiner Mitarbeiter in Europa.

Der Bonner Paketdienstleister DHL beschäftigt 76 Prozent seiner Mitarbeiter in Europa.

Foto: picture alliance / Patrick Pleul

„Als größter Binnenmarkt der Welt ist die Europäische Union ein Schwergewicht im internationalen Handel, als politischer Zusammenschluss ein Garant für Frieden und Wohlstand.“ Lanxess-Chef Matthias Zachert misst der EU ein große Bedeutung zu. Und Lanxess will nach seinen Worten die EU stützen: „Wir als Unternehmen, wir als Teil der Gesellschaft setzen uns für ein starkes, ein freies, ein offenes Europa ein.“

Bekenntnisse zur EU gibt es von den weiteren Großunternehmen aus der Region. „Wir schätzen, achten und unterstützen die in der EU hochgehaltenen Grundwerte wie Freiheit Demokratie und Rechtssicherheit als Basis für Frieden und Wohlstand“, sagt etwa Covestro-Chef Markus Steilemann. Wertvoll seien auch der Wille zur Zusammenarbeit und die Bereitschaft zum konstruktiven Dialog sowie hohe Umwelt, Arbeits- und Sicherheitsstandards sowie das insgesamt hohe Bildungsniveau.

Auch die Bedeutung des Binnenmarktes unterstreichen alle. „Tatsächlich haben wir die Bildung eines Binnenmarktes vorweggenommen, als wir 1967 mit der Gründung von Ford Europa unseren eigenen ‚internen‘ Markt kreierten“, sagt Ford-Europa-Chef Steven Armstrong. Unser Europa-Geschäft ist so eng miteinander verbunden, dass wir den freien Fluss von Komponenten, Motoren, Fahrzeugen und Mitarbeiter zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten garantieren müssen. Ford hat 24 Werke in Europa. In ihnen arbeiten 53.000 Frauen und Männer, knapp die Hälfte davon in Deutschland. Neben den großen Montagewerken im spanischen Valencia in Köln und Saarlouis sowie im rumänischen Craiova. Gibt es Werke für Komponenten. Fords größtes Motorenwerk in Europa steht im englischen Dagenham, ein weiteres Motorenwerk hat Ford im walisischen Bridgend. Da reisen also Motoren von der Insel zu den Montagewerke auf dem Kontinent und kommen in fertigen Autos wieder nach Großbritannien, dem wichtigsten Markt für Ford in Europa. Zölle oder auch nur zeitaufwendige Kontrollen im Zuge eines Brexit wären da Gift für Ford. „Unser Europa-Geschäft ist so eng miteinander verbunden, dass wir den freien Fluss von Komponenten, Motoren, Fahrzeugen und Mitarbeiter zwischen den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten garantieren müssen“, betont Armstrong.

Relativ stärker als der US-Konzern Ford, der rund ein Viertel seiner Mitarbeiter in Europa beschäftigt, sind die großen Chemie- und Pharmazieunternehmen der Region in der EU vertreten. Bayer erwirtschaftet in der EU mit rund 45.000 Mitarbeitern – nach Pro-forma-Zahlen einschließlich Monsanto – mehr als zehn Milliarden Euro Umsatz. Weltweit hat der Konzern 118.000 Mitarbeiter. Wirtschaftlich ist Europa für den Konzern eine der wichtigsten Regionen der Welt.

Bayer-Chef Werner Baumann formuliert aber auch Erwartungen. Die EU müsse dazu beitragen, die Innovationsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. „Neue Technologien müssten so reguliert werden, dass sie sich in Europa auch entfalten können – ansonsten fällt Europa weiter vor allem hinter Asien und den USA zurück“, warnt Baumann. Dabei denkt er etwa an Felder Digitalisierung, künstliche Intelligenz oder Biotechnologie.

Bei Lanxess mit Konzernsitz in Köln arbeiten etwa 11.000 von weltweit rund 19 000 Mitarbeitern in Europa. Hier macht das Unternehmen knapp die Hälfte des weltweiten Umsatzes. Und hier befindet sich rund ein Drittel von über 70 Produktionsstandorte - darunter die vier größten des gesamten Konzerns. Covestro mit Sitz in Leverkusen hat fünf von acht großen Produktionsanlagen in Europa. Von 17.000 Mitarbeitern weltweit sind etwa 9500 in Europa beschäftigt. Und auch die Telekom mit ihrem starken US-Geschäft erwirtschaftete im abgelaufenen Jahr (2017) 51 Prozent ihres Gesamtumsatzes von rund 75 Milliarden Euro in Europa. 76 Prozent oder rund 165.000 der Vollzeitbeschäftigten des Bonner Unternehmens arbeiten in Europa. Die meisten Mitarbeiter unter den Unternehmen in der Region hat die Deutsche Post DHL, nämlich 340.000 von weltweit 520.000. Als globalstes Unternehmen der Welt sei die Post in 220 Ländern und Territorien tätig. „Europa ist für unser Geschäft von zentraler Bedeutung“, heißt es dennoch auf Anfrage. Mehr als die Hälfte unseres Konzernumsatzes von 60 Milliarden Euro werde in Europa erzielt.

Für die Verbindung von Konzern- oder Europazentralen zu Standorten in Europa sorgt unter anderem der Flughafen Köln/Bonn. 114 europäische Ziele hatte er im Sommer im Angebot. „Auch der Luftverkehr hat enorm davon profitiert, dass innerhalb Europas viele Regeln vereinheitlicht wurden, zum Beispiel für Wartung und Sicherheit“, sagt Flughafenchef Johan Vanneste. Außerdem dürften EU-Airlines seit der Liberalisierung in den 90er Jahren frei zwischen den Mitgliedsstaaten fliegen. „Dies gab der Branche einen gewaltigen Schub und führte zu rasant wachsenden Passagierzahlen“, so Vanneste.

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