Letztes Kapitel im Streit Prozess am Bonner Landgericht wegen App des Deutschen Wetterdienstes

Bonn · Es war ein nervenaufreibender Weg für Joachim Klaßen. Der Diplom-Meteorologe und Geschäftsführer des Internetportals Wetteronline hat vor Gericht geklagt, Gutachten eingeholt und monatelang unermüdlich Gespräche mit Politikern in Bonn und Berlin geführt.

Und alles wegen einer App. Am 15. November wird sich zeigen, ob seine Anstrengungen gelohnt haben. Denn dann entscheidet das Bonner Landgericht, ob der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine Warnwetter-App weiterhin kostenlos anbieten darf. Klaßen wirkt vorsichtig zuversichtlich, dass der DWD das dann künftig nicht mehr darf. Die Gesetzeslage ist für ihn eindeutig.

Der Streit zwischen den privaten Wetteranbietern und der mit Steuergeldern finanzierten Behörde schwelt schon lange. 2015 brachte der DWD seine Warnwetter-App auf den Markt – kostenlos. Für Verbraucher ein Grund zur Freude. Aus Sicht der privaten Anbieter allerdings eine unfaire Konkurrenz und zudem Wettbewerbsverzerrung. Denn diese müssen für ihre Dienstleistungen entweder Geld nehmen oder sie mit Werbung finanzieren, während der DWD keine wirtschaftlichen Absichten mit seiner App verfolgen muss, schließlich zahlt der Steuerzahler.

Die ursprüngliche Aufgabe des DWD sei allerdings die Veröffentlichung von Wetterwarnungen, erinnert Klaßen. Die DWD-App gehe allerdings darüber hinaus, biete auch Temperaturvorhersagen und Niederschlagsrisiken. Die privaten Anbieter fürchten um ihre Existenz. „Die App des DWD wurde bisher millionenfach heruntergeladen“, erklärt Klaßen. „Alles Kunden, die uns verloren gehen.“

Vier Millionen Abnehmer hat die DWD-App bisher gefunden, bestätigt die Behörde auf Anfrage: „Offensichtlich deckt die App die speziellen Bedürfnisse unserer Bürger ganz gut ab“, erklärt ein Sprecher des DWD. Die Kritik der privaten Anbieter könne er „nicht ganz nachvollziehen. Denn der DWD folgt ja keinem „Geschäftsmodell, sondern orientiert sich lediglich an den gesetzlich geregelten Aufgaben.“

Seit Juli gibt es ein neues Gesetz über den Deutschen Wetterdienst

Anfang des Jahres sah es so aus, als säße der DWD am deutlich längeren Hebel: Das zuständige Ministerium legte einen Gesetzesentwurf vor, der dem DWD künftig erlauben sollte, alle seine Daten kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ein erneuter Aufschrei an der Wetterfront: Die Regierung wolle die App im Nachhinein legalisieren, hieß es. Pikant: Der DWD half beim Gesetzentwurf als nachgeordnete Behörde des Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur mit. Die Begründung des Bundesministers Alexander Dobrindt (CSU): Ziel sei es Open Data – das heißt, den freien Zugang zu Daten – zu fördern und junge Unternehmen damit bei der Ideenentwicklung zu unterstützen.

Aber auch der Bundesrat hatte Bedenken, so dass im Juli eine geänderte Version in Kraft trat. Diese setzt dem DWD Grenzen bei der kostenfreien Abgabe seiner Wetterdaten. Demnach darf die Behörde jetzt neben Wetterwarnungen auch Rohdaten kostenfrei zur Verfügung stellen. Mit diesen Rohdaten können dann Endprodukte wie Apps entwickelt werden. Wie Klaßen erklärt, gibt ihm das Gesetz im Grunde jetzt Recht. Denn die App fällt weder unter Rohdaten noch unter eine reine Wetterwarnung, weil ihr Angebot darüber hinaus geht. Ob das Gericht das genauso sieht, zeigt sich im November.

Der Rechtsstreit war für Klaßen bisher nicht ganz günstig: In den Büchern des Bonner Unternehmen ist der Prozess bisher mit etwa 200 000 Euro vermerkt. Das sei aber immer noch weniger als die Verluste, die Klaßen wegen der App des DWD von Anfang an hinnehmen müsse, erklärt der Diplom-Meteorologe. Einen Vorteil hat das neue Gesetz aber jetzt schon für Klaßen: Dadurch, dass der DWD seine Rohdaten nun kostenfrei zur Verfügung stellt, spart Wetteronline einen mittleren sechsstelligen Betrag pro Jahr.

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