Oetker wartet auf Reaktion von Rungis Express

Kaufinteressenten haben bisher nichts vom angeschlagenen Meckenheimer Gastronomie-Zulieferer gehört - Gewerkschaft Ver.di vermutet Insolvenzverschleppung - Rungis-Merheitsaktionär steigt offenbar aus

  Frischen Fisch  lieferte Rungis Express bisher an Sterneköche aus.

Frischen Fisch lieferte Rungis Express bisher an Sterneköche aus.

Foto: Lannert

Meckenheim. Die Kaufinteressenten für den angeschlagenen Meckenheimer Gastronomie-Zulieferer Rungis Express warten auf eine Reaktion des Unternehmens. Nach eigenen Angaben haben Oetker und die österreichische R&S Gourmet Express auf ihre Angebote bisher keine Antwort bekommen ( der GA berichtete).

"Je länger das dauert, desto uninteressanter wird es", sagte Dietmar Mükusch, Geschäftsführer der Oetker-Frischeparadiese, am Dienstag dem General-Anzeiger.

Seit dem siebten Januar ist Rungis Express zahlungsunfähig, weil die Dresdner Bank das Tagesgeldkonto gesperrt hat. Bisher wurde aber beim zuständigen Amtsgericht Bonn kein Insolvenzantrag gestellt.

"Bis spätestens Ende nächster Woche haben sich die Kunden von Rungis Express umorientiert", prognostizierte Mükusch. Dadurch verliere die Firma Rungis an Wert.

Das Fell des Bären werde jetzt verteilt, heißt es in der Branche. Die Oetker-Frischeparadiese, in Deutschland mit sieben Standorten Hauptwettbewerber von Rungis Express, verzeichnen laut Mükusch Umsatzzuwächse in Höhe von zehn bis 15 Prozent, weil Rungis Express seit Ende vergangener Woche nicht liefern kann.

Die Oetker-Frischeparadiese haben auch einen Standort in Hürth bei Köln. Mükusch sagte aber zu, im Fall einer Übernahme von Rungis den Standort Meckenheim erhalten zu wollen: "Wir brauchen Fläche und dort ist ein schönes großes Gelände." Dies obwohl der Standort Hürth derzeit ausgebaut werde. Rungis beliefert in Deutschland und Teilen von Europa bis hin zum Nobelhotel Burj-al-Arab vorwiegend Spitzengastronome und Sterneköche mit frischen Lebensmitteln.

Sowohl Oetker als auch die ebenfalls an Rungis interessierte österreichische R&S Gourmet Express machen eine Übernahme jeweils davon abhängig, dass Rungis-Chef George W. Kastner aus dem Unternehmen ausscheidet. "Wenn, dann nur ohne ihn", sagte Mükusch. Oetker habe in der Vergangenheit bereits zwei Mal entsprechende Offerten gemacht.

Rungis-Chef Kastner erklärte in einem Schreiben an die Kunden, ihm lägen keine Übernahme-Angebote für Rungis Express vor. Zu einem möglichen Ausstieg sagte er dem GA, Rungis Express ohne Kastner sei "wie ein Auto ohne Motor". Nach unbestätigten Informationen soll der bisherige Mehrheitsaktionär, eine Gruppe britischer und amerikanischer Investoren, aus dem Unternehmen ausgestiegen sein.

Wie der Internet-Webblog "The drink tank" berichtet, seien die Anteile in Höhe von 60 Prozent "zu einem symbolischen Preis" auf Kastner übertragen worden. Damit würde Kastner 100 Prozent an Rungis Express besitzen.

Die Gewerkschaft Ver.di fürchtet durch den anhaltenden Schwebezustand bei Rungis Express Nachteile für die Beschäftigten. "Wir vermuten, dass Herr Kastner die Insolvenz verschleppt", sagte Achim Steffen vom Ver.di-Fachbereich Handel am Dienstag dem GA. "Nach unserer Rechtsauffassung hätte Rungis unmittelbar nach der Kontosperrung Insolvenz anmelden müssen", so Steffen.

"Wir fordern, dass sofort Insolvenz beantragt wird". Die Spitzenköche würden jetzt woanders bestellen, es bestehe die Gefahr, "dass die Arbeitnehmer auf der Strecke bleiben." In einem geordneten Insolvenzverfahren sei ein Betriebsübergang möglich. Rungis Express beschäftigt an den Standorten Meckenheim, Satteldorf und Berlin rund 400 Mitarbeiter, davon etwa die Hälfte in Meckenheim.

Nach Angaben von Steffen kämpft Rungis Express spätestens seit 2001 mit wirtschaftlichen Problemen. Im Dezember 2001 sei ein Sanierungstarifvertrag abgeschlossen worden, in dessen Rahmen Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie sieben Prozent Gehalt gestundet worden seien. 2003 sei nochmals Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestundet worden.

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