Einzelhandel in Bonn Nach Schließung von Bouvier droht der Leerstand

BONN · Es wird "Minimum ein halbes Jahr" dauern, bis eine Nachnutzung der Buchhandlung Bouvier gegenüber der Universität geklärt ist. Wie Guido Franke, Prokurist der Aachener Grundvermögen, auf Anfrage mitteilte, sei man in Verhandlungen mit verschiedenen Interessenten, aber noch gebe es kein konkretes Ergebnis.

Alles, was zurzeit in Bonn als Gerücht im Umlauf sei, sei falsch: "Wir versuchen abzuklären, was für uns und das Umfeld wirtschaftlich akzeptabel ist", sagte Franke. Man sei im Gespräch mit Einzelhändlern unterschiedlicher Branchen, aber auch mit Gastronomen. "Fest steht, dass wir die Immobilie anpacken werden", so der Direktor Immobilienmanagement der Aachener Grundvermögen, einer Kapitalanlagegesellschaft der katholischen Kirche. Umbaumaßnahmen seien unumgänglich, allerdings müsse man die künftige Nutzung abwarten.

Da es keine Unterlagen des 1958 errichteten Gebäudes gibt, könne er nicht einmal ganz sicher sagen, um wie viele Quadratmeter es sich dort handelt. Geschätzt sind es 2000 Quadratmeter - aber inklusive Büros und Nebenflächen. "Konkret lassen sich Sanierungsbedarf und Kosten für eventuelle Umbaumaßnahmen erst seriös benennen, wenn der jetzige Mieter raus ist und wir ungehinderten Zugang haben", so der Prokurist. Der Mietvertrag für das Geschäft endet zum 31. August; geschlossen wird es schon zum 27. Juli.

"Angesichts der angespannten Wohnsituation, auch unter Studierenden, können wir uns auch vorstellen, in den oberen Geschossen Wohnraum zu schaffen", meint Franke. Klar sei für die Aachener Grund, dass sie das Gebäude nicht aufstocken wolle. "Wir müssen abwarten, welche Wünsche ein neuer Mieter hat und welche Investitionen er eventuell bereit ist zu übernehmen", so Franke. Wenn etwa noch weitere Aufzüge erwünscht seien, müsste die Statik geprüft werden, für andere Wünsche müssten unter Umständen Bauanträge gestellt werden. Gleichzeitig habe jede Einzelhandelsbranche Zeitpunkte, zu denen sie gerne Neueröffnungen vornehme. Franke: "Das ist ein extrem komplexes Thema, so dass wir davon ausgehen, dass die Immobilie mindestens ein halbes Jahr leer stehen wird."

Leer stehen jetzt schon einige Regale in der traditionsreichen Buchhandlung; ganze Abteilungen sind bereits geräumt. Ein Zugang Am Hof ist verrammelt, Graffiti-Schmierer waren schon am Werk. Vor der Treppe zum "Kinderparadies" stehen Paletten mit Umzugskartons, die Mitarbeiter packen. Kunden sind gestern zur Mittagszeit kaum im Geschäft. Sonst war es um diese Zeit voll.

Der ersten angesprochenen Mitarbeiterin versagt die Stimme, sie will und kann nichts sagen. "Wir sind ja noch im Gespräch, was unsere Zukunft angeht. Da wollen wir lieber nichts verbauen", sagt eine andere. Die Filialleiterin verweist auf die Konzernpressestelle, auch fotografieren dürfen wir die Räumlichkeiten nicht.

Der Zugang zur Wissenschaftsabteilung, zu den Schulbüchern und zur Auslandsliteratur im Untergeschoss ist gesperrt. Drei standhafte Kunden blättern noch in einer Ecke im Obergeschoss. Hannelore Hanke (71) ist ziemlich erbost, dass Bouvier geschlossen wird: "Für die Mitarbeiter hier tut's mir leid", ruft sie. Ilona Pietrus (20) und Petra Michael (56) sind eher traurig. "Ich kam schon als Kind hierher", sagt Pietrus. "Ich fand's hier cool. Schade."

Von Bouvier zu Thalia

Der Mietvertrag für die Bouvier Buchhandlung wurde von Thalia nicht verlängert. Die Buchhandelskette hatte im Juli 2004 die insolvente Bouvier-Buchhandlung, die es bereits seit 1828 gab, übernommen. 2010 hat Thalia, das zum Douglas-Konzern gehört, im Metropol am Markt eine große neue Filiale eröffnet. Von der Schließung sind 60 Mitarbeiter betroffen.

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