Bonner Firma BD Media im Porträt Mit 3-D die Welt erkunden

Bonn · Die Bonner Firma BD Media ermöglicht virtuelle Spaziergänge, die zeigen, was hinter verschlossenen Türen liegt.

 Dejan Bileski mit der Kamera, die 360-Grad-Fotografie mit Infrarot- und Lasermessungen kombiniert, um 3-D-Objekte zu erstellen.

Dejan Bileski mit der Kamera, die 360-Grad-Fotografie mit Infrarot- und Lasermessungen kombiniert, um 3-D-Objekte zu erstellen.

Foto: Ulla Thiede

Nein, ein Puppenhaus ist das nicht, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Dejan Bileski drückt dem Besucher eine Virtual-Reality-Brille (VR) in die Hand. Doch auch ohne diese Sehhilfe ist das Raumerlebnis schon beeindruckend: Auf dem Computerbildschirm ist das Innovations- und Gründungszentrum der Stadt Bonn zu sehen, in einer Ansicht schräg von oben, allerdings fehlen Dach und Außenwand.

Mit der Computermaus lässt sich das Objekt in jede beliebige Richtung drehen oder kippen, dabei verändert sich ständig die Perspektive, als ob man es wirklich im Raum bewegen würde. Durch einfaches Klicken und Scrollen mit der Maus zoomt sich der Betrachter in die einzelnen Räume. Hier kann er nun jeden Winkel begutachten, Tür, Wände, Schränke, Decke, sogar der Blick aus dem Fenster ist da, alles in größter Nahansicht, als hielte er sich tatsächlich dort auf.

Quantensprung in der Fotografie

„Dieses völlige Eintauchen in den Raum ist bei Google Street View noch nicht möglich“, erklärt Bileski, der Informatiker ist und sich auf 3-D-Visualisierung spezialisiert hat. Die Technologie, die einen Quantensprung in der Fotografie ermöglichte, stammt von der US-Firma Matterport, die sowohl die 3-D-Kamera als auch die Software entwickelt hat. In dieser Form kam sie 2017 auf den Markt.

Die Matterport-Kamera verbindet 360-Grad-Fotografie mit Laser- und Infrarotmessungen. Die damit gewonnenen Bilder und Daten werden vom Computerprogramm kombiniert und so verarbeitet, dass sie das verblüffende Rundum-Raumerlebnis liefern. „Die Qualität der Bilder ist unglaublich“, schwärmt Bileski, weil die Auflösung rund 4000 Pixel (4K) beträgt. Das ergebe dann auch die „sehr flüssige und natürlich anmutende“ Bewegung im virtuellen Raum.

Mit seinem Start-up BD Media hat sich Bileski vor drei Jahren selbstständig gemacht. „Viele nutzen die 3-D-Technologie nur im Immobiliengeschäft, um Kaufinteressenten Wohnobjekte zu zeigen“, erklärt der 44-Jährige. Auch Hotels präsentieren sich inzwischen auf der Website durch eine 3-D-Darstellung ihrer Räume. „Ich mache aber ein bisschen von allem“, sagt er.

Von Mazedonien nach Bonn

Der gebürtige Mazedonier kam vor fünf Jahren mit seiner vierköpfigen Familie nach Bonn, weil seine Frau hier eine Stelle bei der Deutschen Telekom bekam. Nach einer zweijährigen Orientierungsphase, in der er auch Deutsch lernte, entschied Bileski, sich selbständig zu machen. Was sich aber als gar nicht so einfach erwies: „Es fehlten mir die Kontakte. Auf meine E-Mails bekam ich erst nach einigen Wochen eine Antwort.“

Schneller Fuß fassen konnte er mithilfe der städtischen Wirtschaftsförderung und insbesondere des Leiters des Servicecenters, Stefan Sauerborn. So bekam Bileski auch ein Büro im Gründungszentrum, das Start-ups in den ersten fünf Jahren unterstützt.

Die 3-D-Technologie ist heute so effizient, dass ein Gebäude wie das Gründungszentrum in zwei Tagen fotografiert und gescannt werden kann. Das Zusammensetzen dauert noch einmal fünf bis sechs Tage. Trotzdem: „Für meine Kunden hat das die Preise stark gesenkt.“ Weil alle Objekte in der Cloud abgelegt werden, brauchen sie auch keinen Speicherplatz auf dem Computer. Ein bloßer Link genügt, um das Raumerlebnis auf PC, Tablet oder Smartphone zu haben.

Ein Projekt, für das sich Bileski auch ehrenamtlich engagiert, ist „E-Heritage“, die elektronische Erfassung des kulturellen Erbes. In seiner neuen Heimat hat er etwa schon Schloss Drachenburg und den Turm der Godesburg in 3-D aufgenommen. Kürzlich war er nach Südafrika eingeladen, wo er das Haus von Nelson Mandela fotografieren soll.

3-D-Bilder und VR im Bildungswesen

Der Publizist und Afrika-Spezialist Jürgen Langen, der in Bad Honnef lebt und Bileski berät, erklärt, dass Virtual Reality in armen Ländern im Unterricht schon eine große Rolle spiele, weil dort das Geld für Bildungs- und Klassenreisen fehle. „Da sind sie uns in Afrika einige Jahre voraus.“ Langen bedauert die „hohe Skepsis“, die er in Deutschland gegenüber VR beobachtet. Er macht das auch an einer Erfahrung fest, die Bileski mit dem Willy-Brandt-Haus in Unkel gemacht habe: Auf sein Angebot, ein 3-D-Modell vom Haus des früheren Bundeskanzlers zu erstellen, habe er nie eine Antwort bekommen.

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