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Bonn/Sankt Augustin · Wie die Steyler Bank aus Sankt Augustin nach katholischen Moralprinzipien Geld verdient: Anlagen im Ethik-Check.

 Bankzentrale und einzige Filiale: Auf dem Gelände der Steyler Missionare im Zentrum von Sankt Augustin.

Bankzentrale und einzige Filiale: Auf dem Gelände der Steyler Missionare im Zentrum von Sankt Augustin.

Foto: picture alliance / dpa

Volkswagen war am 21. September vergangenen Jahres den Segen der Anleger verloren. Der Autobauer hat mit seinem Abgasskandal gleich mehrfach gegen die katholischen Grundsätze der Sankt Augustiner Steyler Bank verstoßen: Betrug am Kunden und Umweltfrevel – das war zu viel. „Wir haben an diesem Tag alle VW-Beteiligungen in unseren Fonds auf einen Schlag verkauft“, erkärte gestern in Bonn die Ethik-Referentin des Instituts, Jutta Hinrichs.

Die Bank mit Sitz auf dem Gelände der Steyler Missionare biete ihren Kunden schließlich Anlageprodukte mit deutlich höheren ethischen Standards als die meisten Konkurrenten, so Hinrichs. So seien die Sankt Augustiner im Jahr 2015 auch aus allen klimaschädlichen Kohle-Industrien ausgestiegen. Trotzdem brauchten sich die Anleger nicht mit einem „Gott vergelt´s“ begnügen: Laut Bank-Geschäftsführer Norbert Wolf lag die durchschnittliche Rendite der Steyler-Aktienfonds im vergangen Jahr bei 11,77 Prozent. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres habe man mit einem Minus von rund fünf Prozent immer noch besser als der Deutsche Aktienindex (Dax) gelegen.

Ein Ethik-Anlagerat entscheidet, welche Geldanlagen guten Gewissens getätigt werden können. Dabei spiele neben Umweltschutz auch der faire Umgang mit den Mitarbeitern eine Rolle, so Hinrichs. Die Sankt Augustiner Banker verlassen sich bei der Aktienauswahl nicht nur auf offizielle Angaben. Das Institut schult nach eigenen Angaben weltweit Mitarbeiter der Steyler Missionare zu so genannten Ethik-Scouts, die Fehlverhalten der Unternehmen in ihren Ländern melden sollen. Zuletzt habe sie 70 Missionsschwestern in Indien auf ihre neue Nebenrolle als Unternehmensinspektoren vorbereitet, so Ethik-Referentin Hinrichs.

80 Prozent Privatkunden und 20 Prozent institutionelle Investoren

Die Ethik-Fonds und andere Geldanlagen der Steyler Bank zeichnen nach deren Angaben zu 80 Prozent Privatkunden (460 Millionen Euro Gesamtvolumen) und zu 20 Prozent institutionelle Investoren, vor allem aus dem kirchlichen Bereich. Der typische Kunde stamme einerseits „aus dem katholischen Milieu“ im Alter von 55 Jahren aufwärts, so Wolf. Die andere Zielgruppe sei der „nachhaltig orientierte Anleger ab 30 Jahren“. Viele Anleger stammen aus der Region, da abgesehen von einer kleinen Niederlassung in Österreich die Sankt Augustiner Bankzentrale die einzige Filiale des Instituts sei, „und Anlageberatung am Telefon funktioniert einfach nicht“, so Wolf. 58 Mitarbeiter beschäftigt die Steyler Bank insgesamt.

Auch die Steyler Bank blieb im vergangenen Jahr nicht von Branchenproblemen wie dem Niedrigzins verschont: Der Überschuss vor Steuern sank auf 723 000 Euro nach 790 000 Euro im Vorjahr. Unterm Strich blieben den Sankt Augustinern nach Steuern 500 000 Euro, so dass im kommenden Jahr voraussichtlich keine Zuteilung an die Steyler Missionare abgeführt werden kann. 2015 hatte die Bank dem katholischen Orden noch 170 000 Euro überwiesen. Auch die Bilanzsumme schrumpfte 2015 auf 290 Millionen Euro nach 305 Millionen Euro im Vorjahr, das verwaltete Kundenvermögen stieg dagegen auf 449,7 Millionen Euro nach 436,6 Millionen Euro im Vorjahr.

Am Ende geht es den Steyler Bankern zwar ums Geld, aber nicht nur darum: „Wir sehen es als unsere Aufgabe, missionarisch auf den Finanzmarkt zu wirken“, sagt Hinrichs. Beim damals neuen VW-Chef Matthias Müller hat die Bank demnach auch ihren Ausstieg schriftlich begründet. Auf eine Antwort wartet sie heute noch.

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