Berliner Flughafen-Chef will im Sommer zurücktreten Mehdorn macht den Abflug

BERLIN/BONN · Das Lebenswerk des Managers Hartmut Mehdorn bleibt unvollendet. Der Chef der Berliner Flughafengesellschaft tritt vom Posten des Geschäftsführers spätestens im Sommer 2015 zurück.

Der neue Berliner Großflughafen BER wird von seinem Nachfolger eröffnet. Der 71-jährige frühere Bahnchef reagiert damit auf anhaltende Spekulationen über eine vorzeitige Vertragsauflösung. Den Job hatte Mehdorn erst im März 2013 übernommen. "Ich bedaure meinen Rücktritt persönlich sehr, da er weder meinem Pflichtbewusstsein noch meinen persönlichen Zielen entspricht", erklärte er gestern. Dieser Schritt sei nach Abwägung der Gesamtlage notwendig geworden.

In den letzten Monaten knirschte es zwischen der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft gewaltig. In der letzten Zeit wurde immer wieder über eine Ablösung des Managers spekuliert. Mehdorns Vertrag läuft zwar bis zum Frühjahr 2016. Doch der Flughafen wird nach jetzigem Stand der Dinge erst im zweiten Halbjahr 2017 eröffnet. Eine Vertragsverlängerung war den Indiskretionen zufolge nicht geplant. Auch Namen möglicher Nachfolger machten schon die Runde.

Am letzten Freitag, nach einer Sitzung des Aufsichtsrates, dementierte der Staatssekretär des Verkehrsministeriums, Rainer Bomba, etwaige Pläne halbherzig. Als ein möglicher Kandidat wird der bisherige Chef des Kölner Flughafens, Michael Garvens, gehandelt. Garvens wollte gestern zu den Gerüchten um seine Person nichts sagen. Er hat sich spätestens vergangenen Monat mit dem Coup, den neuen Billigableger der Lufthansa, der unter der Marke Eurowings auftritt, nach Köln zu holen, nachdrücklich auch für schwierige Aufgaben empfohlen.

Die Lufthansa-Tochter soll künftig kostengünstige Direktflüge sowohl innerhalb Europas als auch auf der Langstrecke anbieten und wird dem Flughafen Köln/Bonn Aufwind verleihen. Seit Garvens, der vor wenigen Tagen 56 Jahre alt wurde, 2002 Geschäftsführer in Köln/Bonn wurde, hat er sich auf die Ansiedlung der Billigflieger und den Ausbau des Frachtgeschäfts konzentriert.

Die Nachfolgespekulationen brachte das Fass für Mehdorn wohl zum Überlaufen. "Als ich im März 2013 den Posten übernahm, herrschten Stillstand und Chaos", erläutert er, "nun ist die Baustellenorganisation geordnet." Auch die technischen Kernfragen seien beantwortet und ein neues Managementteam an Bord. Trotzdem habe es im Umfeld des Aufsichtsrates Spekulationen über seine Person gegeben, "die das vertretbare Maß überstiegen."

Ärger hat es zuvor auch schon reichlich gegeben. So wollte der Aufsichtsrat externe Kontrolleure einen Blick in die Unterlagen der Geschäftsführung werfen lassen. Mehdorn verweigerte die Herausgabe und sprach von Inquisition. Auch wollte der Manager mehr Geld für eine Vergrößerung des Flughafens, weil der Airport vermutlich schon zur Eröffnung zu geringe Kapazitäten für das Berliner Passagieraufkommen haben wird. Das hat er dem Kontrollgremium am vergangenen Freitag auch deutlich aufgezeigt.

Sobald ein Nachfolger gefunden wird, spätestens aber Ende Juni 2015, will Mehdorn sein Mandat zurückgeben. Für den streitlustigen wie umstrittenen Manager ist es eine zweite bittere Niederlage zum Ende des Berufslebens. 2006 musste er nach jahrelanger Vorbereitung den Börsengang der Bahn absagen und hinterließ dort nach seinem Abgang einen durch den zuvor erfolgten Sparkurs gewachsenen Scherbenhaufen. Zwischenzeitlich gelang es ihm noch, die Fluggesellschaft Air Berlin vor dem Totalabsturz zu bewahren. Das vermutlich letzte berufliche Ziel wird er nun nicht mehr erreichen und die ersten Flieger in Schönefeld landen sehen.

Mit dem Abgang ist die ohnehin unrühmliche Geschichte des Großflughafens BER um ein Kapitel erweitert worden. Bereits vier Mal musste die Eröffnung verschoben werden. Wenn der aktuelle Zeitplan eingehalten kann, wird der Airport mit sechsjähriger Verspätung eingeweiht.

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