Meckenheim: Früherer Rungis-Express-Chef vor Anklage

Georg Kastner soll Insolvenz verschleppt haben - 64-Jähriger arbeitet inzwischen wieder beim Gastro-Zulieferer

Meckenheim: Früherer Rungis-Express-Chef vor Anklage
Foto: Volker Lannert

Meckenheim. Gut vier Jahre nach der spektakulären Pleite des Meckenheimer Gastronomie-Zulieferers Rungis Express kommt es nun offenbar zu juristischen Konsequenzen für den langjährigen früheren Geschäftsführer und Mitinhaber Georg Kastner.

Nach Informationen des General-Anzeigers hat die Bonner Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Kastner - unter anderem wegen Insolvenzverschleppung und Untreue - abgeschlossen und will jetzt Anklage erheben. Am Mittwoch wollte sich die Behörde dazu allerdings nicht äußern.

Die Meckenheimer Rungis Express AG, die fast alle Sterne-Restaurants in Deutschland mit frischen Lebensmitteln beliefert, hatte nach wochenlanger Zahlungsunfähigkeit am 19. Januar 2005 Insolvenzantrag gestellt.

Bald darauf wurde das Unternehmen nach einem Bieterkampf, an dem sich auch Kastner beteiligte, verkauft und gehört jetzt zu gleichen Teilen dem Bremer Unternehmer Christian Helms und der Beteiligungsgesellschaft Ponaxis.

Nachdem kurz nach der Pleite rund die Hälfte der damals etwa 300 Arbeitsplätze abgebaut werden mussten, konnte Helms Rungis Express in der Folgezeit sanieren und auch wieder Personal einstellen. Zuletzt war für 2008 ein Umsatzanstieg um 25 Prozent auf rund 70 Millionen Euro geplant. Den Jahresabschluss will das Unternehmen in den nächsten Wochen vorlegen.

Pikant: Nachdem Kastner zuletzt versucht hatte, gemeinsam mit Partnern in Köln ein eigenes Konkurrenzunternehmen zur Belieferung der Spitzengastronomie aufzubauen, damit aber wenig Erfolg hatte, arbeitet er seit einigen Wochen wieder für Rungis Express in Meckenheim.

Der Kölner Betrieb sei geschlossen worden, sagte Kastner auf Anfrage. "Herr Kastner hat bei uns die Aufgabe, weltweit nach Lieferanten für erstklassige Lebensmittel zu suchen", bestätigte ein Unternehmenssprecher die Informationen des General-Anzeigers.

Der inzwischen 64-Jährige gilt in der Branche nach wie vor als einer der führenden Experten für hochwertige Lebensmittel. Kastner unterhält langjährige gute Kontakte sowohl zu internationalen Spitzenköchen wie auch zu den Nahrungsmittel-Lieferanten.

Einige Beobachter werten deshalb die Neueinstellung des einst erbitterten Konkurrenten als geschickten Schachzug von Rungis-Express-Chef Christian Helms. Unter vielen Beschäftigten am Firmensitz im Industriepark Kottenforst weckt die erneute Präsenz Kastners zwiespältige Gefühle.

Denn Kastner war in seiner früheren Position als Geschäftsführer nicht unumstritten. Zwar hatte er den Ruf von Rungis Express und die Spitzenstellung als Sternekoch-Lieferant maßgeblich aufgebaut.

Bei den Mitarbeitern gab es aber wegen seines Führungsstils eine hohe Fluktuation. "Kastner besitzt bei uns keine Personalverantwortung", betonte denn auch der Rungis-Express-Sprecher.

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