Folgen von Kartellstreit Kunden fordern 130 Millionen Euro von Zuckerherstellern

Köln · Rund 130 Millionen Euro Schadensersatz fordern Kunden vor dem Landgericht Köln von den drei großen deutschen Zuckerherstellern Pfeiffer & Langen aus Köln sowie von der Nordzucker AG aus Braunschweig und der Südzucker AG aus Mannheim.

 Ein Radlader transportiert auf dem Fabrikgelände Zuckerrüben zum Verarbeitungsförderband. FOTO: DPA

Ein Radlader transportiert auf dem Fabrikgelände Zuckerrüben zum Verarbeitungsförderband. FOTO: DPA

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Es ist eine Summe, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: Rund 130 Millionen Euro Schadensersatz fordern Kunden vor dem Landgericht Köln von den drei großen deutschen Zuckerherstellern Pfeiffer & Langen aus Köln sowie von der Nordzucker AG aus Braunschweig und der Südzucker AG aus Mannheim.

Hintergrund des Zivilstreits ist eine Entscheidung des Bundeskartellamts aus Februar 2014. Damals verdonnerte die Behörde die drei großen Zuckerproduzenten und sieben persönlich Verantwortliche wegen wettbewerbsbeschränkender Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen bei Verarbeitungszucker und Haushaltszucker zu einem Bußgeld von 280 Millionen Euro. Das Kartell bestand von 1999 bis 2005.

Mit den drei Verfahren vor dem Landgericht machen nun industrielle Kunden Schadensersatz geltend. Unter den klagenden Unternehmen befindet sich die Aachener Printen- und Schokoladenfabrik Henry Lambertz GmbH & Co KG, die allein rund 14 Millionen Euro verlangt.

Die international tätige Unternehmensgruppe heristo AG mit Sitz in Bad Rothenfelde, die unter anderem Fischkonserven und Tiernahrung herstellt, will rund zwei Millionen Euro erstreiten. Die restlichen rund 118 Millionen Euro entfallen auf eine extra für das Zivilverfahren gegründete Zuckerkartell-Geschädigten Klage GmbH & Co KG, in der sich diverse geschädigte Unternehmen zusammengeschlossen haben, um ihre Ansprüche gebündelt geltend zu machen.

Die beklagten Unternehmen bestreiten vor Gericht, dass ein Schaden entstanden sei. Und falls doch, so die Argumentation ihrer Anwälte, hätten die Kläger die höheren Preise auf die Endverbraucher abgewälzt. Eine Argumentation, die insofern interessant ist, als die Unternehmen von Seiten der Verbraucher keine Unbill erwarten. Denn wer hat schon noch seinen Kassenbon vom Printen- oder Fischkonservenkauf von vor 15 Jahren? Und falls doch, wer würde wegen ein paar Cent Zuckerpreisanteil vor Gericht ziehen?

Auf der anderen Seite ist die Lage für die Kläger kompliziert. Ein Prozessbevollmächtigter brachte es hinter vorgehaltener Hand auf die griffige Formel: „Sauschwer, das alles.“ Denn die Geschädigten müssen irgendwie den damals marktkonforme Zuckerpreis berechnen. Dabei helfen bislang nur Erfahrungswerte aus Kartellverfahren in anderen Branchen, wo Kartellaufschläge von zehn bis 40 Prozent nachgewiesen sind. Gutachten zur Klärung dieser Frage würden viel Zeit und Geld in Anspruch nehmen, weswegen die Vorsitzende Richterin Michaela Brunssen auf Vergleichsverhandlungen drängte. Im Lambertz-Verfahren sagte Brunssen: „Denken Sie groß! Zwischen Null und 14 Millionen ist der Spielraum riesig.“

Auch im Hinblick auf eine geschätzte Verfahrensdauer von bis zu zehn Jahren, sollte der Prozess bis vor den Bundesgerichtshof durch die Instanzen getrieben werden, wäre aus Sicht des Gerichts alles andere als ein Vergleich wirtschaftlich „nicht nachvollziehbar“. Allein der entstehende Zinsschaden wäre enorm.

Dennoch, ein Vergleich kam nicht zustande. Am 8. November will das Gericht eine Entscheidung bekannt geben.

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