Hit-Chef Schambach über Wachstum und Preise "Klein genug, um jeden Standort zu kennen"

Köln · Wie die Siegburger Dohle Gruppe den Supermarktriesen Paroli bietet: Hit-Chef Schambach über Wachstum und Preise beim Ortstermin im Supermarkt.

Um neun Uhr morgens herrscht noch Ruhe in der Hit-Filiale an der Bonner Straße in Köln. Sie ist einer der Vorzeige-Supermärkte des Siegburger Lebensmittel-Einzelhändlers Dohle. Zwischen Müsli-Zapfstation, Smoothie-Presse und Pasta-Manufaktur erklärt Dohle-Chef Gert Schambach im Gespräch mit Delphine Sachsenröder, wie sich das Familienunternehmen mit rund 100 Märkten als einer der letzten Mittelständler in der von wenigen Großkonzernen dominierten deutschen Einzelhandelslandschaft durchsetzt.

Die Dohle-Gruppe mit ihren Hit-Märkten konkurriert mit den Branchenriesen wie Edeka und Rewe. Wie funktioniert das?
Gert Schambach: Wir sind groß genug, um mit professioneller Zentrale und Einkauf arbeiten zu können. Gleichzeitig sind wir aber klein genug, um jeden einzelnen Standort unserer Hit-Märkte genau zu kennen und auf die Bedürfnisse der Kunden vor Ort eingehen zu können. In Sankt Augustin etwa haben wir keinen Umsatz verloren, obwohl in direkter Nähe ein Rewe eröffnet hat und ein Real ausgebaut wurde.

Wie unterscheiden sich Ihre Standorte?
Schambach: Es gibt Standorte, etwa in Großstädten, wo Bio-Sortimente besonders gefragt sind. Anderswo setzen die Kunden vor allem auf bekannte Marken. Generell gilt: Bis auf Hamburg sind wir in allen deutschen Metropolregionen vertreten. In Berlin-Mitte kauft regelmäßig die Bundeskanzlerin bei Hit ein und trägt auch selber die Tüten nach Hause.

Was sind Ihre Ziele?
Schambach: Im Gegensatz zu Konzernen stehen wir als mittelständisches Familienunternehmen nicht unter Druck, um jeden Preis zu wachsen. In diesem Jahr eröffnen wir vier neue Hit-Märkte, unter anderem in Stuttgart und im Sauerland. So viele waren es noch nie. Wir nutzen die Chancen, die sich uns bieten. Leider haben wir nicht immer die gleichen Zugangsvoraussetzungen zu neuen Standorten wie die Handelsriesen.

Warum nicht?
Schambach: Das liegt vor allem an den kommunalpolitischen Genehmigungsverfahren. Die Städte verhandeln bei neuen Einzelhandelsflächen in der Regel mit Projektentwicklern. Die wiederum arbeiten immer mit den gleichen großen Handelskonzernen zusammen. Ich glaube, der Kommunalpolitik ist oft nicht bewusst, dass sie auf diese Weise die Konzentration im deutschen Lebensmittelhandel fördert. Auch in Bonn suchen wir übrigens neben dem Hit-Markt in Bad Godesberg schon länger einen weiteren Standort.

Für den Hit-Markt an der Bonner Straße brauchten die Siegburger sich nicht gegen übermächtige Projektentwickler durchzusetzen. Dohle hat die Immobilie gekauft.

"Abends, wenn die Leute von der Arbeit kommen, brummt hier das Geschäft", sagt Schambach.

Die Nähe zum besonders wohlhabenden Kölner Stadtteil Marienburg schlägt sich im Sortiment nieder. Schambach zeigt neben Brot und Eiern auf Kaviar-Kühlschrank und Champagner-Regal. "Das gibt es natürlich nicht in jeder Filiale", sagt der Manager.

Zieht es Dohle wie die großen Konkurrenten ins Ausland?
Schambach: Wir betreiben erfolgreich zwei Märkte in Bulgarien. Ein weiteres Engagement im Ausland sehe ich derzeit nicht. Wir kommen mit den Bedingungen in Deutschland gut zurecht.

Dabei gilt der deutsche Markt für den Lebensmitteleinzelhandel wegen der hohen Konzentration auf wenige große Handelsketten als besonders schwierig.
Schambach: Das Bundeskartellamt hat festgestellt, dass der Wettbewerb im deutschen Lebensmitteleinzelhandel gefährdet ist. Wenige Großanbieter beherrschen den Markt. Die Übernahme von Kaiser's/Tengelmann durch Edeka hat die Konzentration weiter verstärkt. Das ist für uns als eine der letzten mittelständischen Alternativen eine Herausforderung. Aber die Situation zwingt uns auch, besonders kreativ zu sein. Wir sehen uns als Alternative zu den Platzhirschen mit anderen und überraschenden Angeboten. Manchmal hat unsere Größe auch ganz simple Vorteile: Die Orangen für unsere Saft-Maschinen gibt es auf dem Markt gar nicht in der Menge, die beispielsweise Edeka flächendeckend brauchte.

Einige der Platzhirsche wie Rewe experimentieren mit Online-Bestelldiensten für Lebensmittel. Kann Dohle auf diesem Feld mithalten?
Schambach: Wir beobachten das Online-Geschäft natürlich sehr intensiv, auch im Ausland. Noch wird Online-Lebensmittelhandel von den Kunden aber eher schlecht akzeptiert. Geschäftsmodelle wie von Amazon (Anmerkung der Redaktion: Der US-Internethändler Amazon will in Deutschland gemeinsam mit der Deutschen Post/DHL frische Lebensmittel verkaufen und ausliefern), die vor allem hohe Kosten verursachen, halte ich nicht für zielführend. Am Ende bleiben die hohen Kosten beim Kunden hängen. Chancen sehen wir bei einer Verknüpfung von Läden und Online-Angeboten.

Zählt bei den Kunden noch die Devise "Geiz ist geil"?
Schambach: Nach wie vor will kein Kunde für ein vergleichbares Produkt zu viel ausgeben. Wir haben die Preise der Discounter wie Aldi und Lidl genau im Blick und bieten immer ein Sortiment von 1.300 Artikeln zum gleichen Preis an. Da sind Kunden unverändert sensibel. Gleichzeitig sind aber die Ansprüche gewachsen. Die Kunden verlangen außerdem regionale Produkte, Bio-Ware und Neuheiten.

Die Dohle-Gruppe arbeitet beim Einkauf seit einigen Jahren mit Rewe zusammen. Wie grenzen Sie sich von den deutlich größeren Kölnern ab?
Schambach: Da gibt es sehr große Unterschiede. Bei Fleisch sowie bei Obst und Gemüse sind wir völlig unabhängig von Rewe. Auch ist unser Sortiment in der Regel größer. Aber wir sind auf einen starken Partner gegenüber den Lebensmittelherstellern angewiesen, um günstig einkaufen zu können.

Rewe soll dafür ein Vorkaufsrecht für die Dohle-Gruppe erhalten haben.
Schambach: Dazu geben wir keine Auskunft, aber es spielt auch keine Rolle. Denn es gibt keinerlei Pläne, die Dohle-Gruppe zu verkaufen. Im Gegenteil: Wir sind voll damit beschäftigt, neue Ideen umzusetzen. Die Inhaberfamilie ist weiterhin im Unternehmensbeirat aktiv.

Schnibbeltheke" steht in großen Lettern über einer Glasscheibe im Kölner Hit-Markt. Im Regal davor liegen Plastikpackungen mit Obstsalat. Für neue Ideen schaut sich Schambach unter anderem in den Niederlanden um.

"Da wird in den Supermärkten alles Mögliche hergestellt", sagt er. Konzepte aus dem Ausland könne man jedoch nicht einfach kopieren. "Man muss sie für den deutschen Markt anpassen."

Dazu gehört: Zu schön darf es im Supermarkt auch nicht aussehen. Denn schön heißt teuer. Bei Hit in Köln hängt deshalb schräg gegenüber dem Klima -Schrank für die edlen Zigarren ein grellbunter Pfeil nach unten an der Wand. Aufschrift: Günstigere Preise. Sicher ist sicher.

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