Dachdecker kommen aus der Luft Kölner Handwerksmeister gründen Wartungs-Start-up

Sankt Augustin · Fotograf Christoph Ruhrmann und Pilot Robert Krause, zwei Handwerksmeister aus Köln, haben ein Wartungsunternehmen gegründet. Statt die Dächer zu begehen, fotografieren sie sie.

Wer eine Immobilie sein Eigentum nennen darf, hat verschiedene Verkehrssicherungspflichten. So muss etwa das Dach so beschaffen sein, dass kein Dritter durch herabfallende Teile Schaden nehmen kann. Während private Immobilieneigentümer die jährliche Prüfung ihrer Dächer durch den Fachmann meist schleifen lassen, schließen gewerbliche Immobilieneigentümer sowie Wohnungsbaugesellschaften und –genossenschaften für ihre Liegenschaften häufig Wartungsverträge mit Dachdeckermeisterbetrieben ab. Die klassische Begehung von Dächern in zwei- bis dreistelliger Anzahl ist nicht nur zeitraubend, sondern mitunter auch gefährlich, sagen die Kölner Dachdeckermeister Christoph Ruhrmann und Robert Krause. Ruhrmann, ein passionierter Fotograf, und Krause, der Pilot am Flugplatz Bonn/Hangelar ist, gehen beim Thema Dachbegutachtung nun gemeinsame Wege: Per Tragschrauber, auch Gyrokopter genannt, und hochauflösender Kameratechnik führen die beiden Meister die Dachbegutachtung ihrer Großkunden schneller, günstiger und sicherer als bislang durch.

„Eine genaue Prüfung und Dokumentation von Mehrfamilienhausdächern ist vom Boden aus so gut wie nicht möglich. In Innenstädten fehlt dazu der Abstand und der richtige Blickwinkel“, erklärt Ruhrmann. „Also bleibt nur die Begehung, die bei der Höhe eines Mehrfamilienhausdaches mit Risiken verbunden ist.“ Die beiden Meister kamen über ihre Hobbys und den Beruf ins Gespräch und wagten den Probelauf für eine gemeinsame Unternehmung. „Ich habe eine große Wohnungsbaugenossenschaft im Kundenbestand, deren Dächer wir bereits im zweiten Jahr per Fotografie aus der Luft begutachtet haben.“

Tragschrauber kann auf der Stelle fliegen

„Das war ein voller Erfolg“, erklärt Ruhrmann und zeigt dies anhand von gestochen scharfen Fotos. Darauf sieht man einen schadhaften Firstziegel sowie weitere gebrochene Ziegel rund um die Fenster – Folgen eines Märzsturms, schätzt Robert Krause. „Wenn so ein Schaden nicht auffällt und der darunterliegende Kehlsparren über Monate nass wird, kann man später unter Umständen ein Drittel des Dachs abreißen und erneuern.“ Details, die dank der professionellen Kameratechnik aus den üblichen Flughöhen von 450 bis 600 Metern nicht verborgen bleiben. Ruhrmann: „Wir fotografieren 20 oder 30 Hausdächer in wenigen Minuten aus allen Perspektiven“, dafür sei der Tragschrauber ideal, denn er kann mit 30 Stundenkilometern auch sehr langsam und bei entsprechendem Gegenwind sogar auf der Stelle fliegen. Anschließend werden die Fotos im Detail von den Meistern am PC ausgewertet, um später den Kunden zu informieren oder Reparaturen zu veranlassen.

„Das Verfahren spart Zeit, aber auch Geld und bindet weniger Personal“, rechnet Krause vor. „Und gerade Personal ist heute ein ganz entscheidender Faktor, da auch in unserem Handwerk gute Fachkräfte rar sind.“ Der Einsatzradius sei mit bis zu 100 Kilometern groß, doch die Meister sind Realisten. „Das rechnet sich nur für Kunden, bei denen gleich mehrere Dächer auf einmal geprüft werden sollen“, sagt Krause, der auch den Einsatz einer Drohne überlegt und verworfen hatte. „Mit Drohnen kann man nicht so lange und über größere Strecken in der Luft sein“, erklärt Ruhrmann.

„Das größte Problem ist aber: Die Bewohner der Häuser fühlen sich von Drohnen beobachtet. Mit dem Tragschrauber sind wir so hoch, dass es nicht nur unauffälliger ist, sondern auch deutlich schneller und leiser. Das Fotografieren eines einzelnen Hausdachs dauert nur wenige Sekunden – die längste Arbeit findet später im Büro am Computer statt“, fügt Ruhrmann hinzu.

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