Steuer- und Sozialabgabenbetrug in der Gastronomie verhindern "Insika" gegen schwarze Kassen in Kneipen

BERLIN · Für das Finanzamt ist die Einführung moderner elektronischer Kassen ein Rückschlag gewesen. Die Prüfungsmöglichkeiten, ob der Kneipier Umsätze unterschlägt, hatten sich durch den technischen Fortschritt drastisch erschwert. Schon 2003 hatte der Bundesrechnungshof Alarm geschlagen. Der Bundesrechnungshof geht davon aus, dass dem Staat jährlich Steuern von bis zu zehn Milliarden Euro durch manipulierte Kassen entgehen.

 Alles bar? Die Finanzminister der Länder fordern ein konsequentes Vorgehen gegen Steuerbetrug mit manipulierten Kassen.

Alles bar? Die Finanzminister der Länder fordern ein konsequentes Vorgehen gegen Steuerbetrug mit manipulierten Kassen.

Foto: dpa

Zwölf Jahre war das Problem bekannt, ohne dass etwas passiert ist. Schwarze Schafe in der Gastronomie können Umsätze unterschlagen, dem Fiskus Steuern systematisch vorenthalten und den Sozialkassen Sozialbeiträge.

Das Risiko, mit den Schwarzen Kassen aufzufliegen, ist gering: Selbst Spezialisten der Steuerfahndung haben kaum eine Chance, die raffinierten IT-Lösungen zur Manipulation zu entlarven. Da ist etwa auf dem Kassencomputer eine sogenannte Phantomware geladen: Dieses Programm ist für den arglosen Nutzer versteckt, kann aber vom Gastronom durch Anklicken einer unsichtbaren Schaltfläche auf dem Bildschirm oder durch eine Tastenkombination aktiviert werden.

Das Programm hilft bei der Umsatzverkürzung: Umsätze können gelöscht werden. Damit der Betrug bei einer Betriebsprüfung nicht auffällt, kann der Wareneingang und Lagerbestand gleich mit manipuliert werden. Der Fantasie zum Schummeln sind kaum Grenzen gesetzt: Es gibt auch die Möglichkeit, Umsätze nicht komplett zu löschen , sondern höherpreisige Produkte durch niederpreisige Produkte zu ersetzen. Diese Variante ist raffinierter: Es gibt dann keine auffälligen Lücken bei der Nummerierung der Verkaufspositionen.

Nun soll sich etwas ändern. Bund und Länder haben sich geeinigt, dass sämtliche Registrierkassen in manipulationsanfälligen Branchen so umgerüstet werden, dass Steuerhinterziehung und Sozialbetrug nicht mehr möglich sind. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will noch im Herbst eine Lösung dazu vorstellen. Der Gesetzentwurf könnte Mitte des nächsten Jahres in Kraft treten.

Dieser Lösung waren langwierige Verhandlungen hinter den Kulissen voraus gegangen. Die Länder favorisierten eine technische Lösung zum Schutz vor dem Betrug, die die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB), eine nachgeordnete Behörde des Bundeswirtschaftsministerium, mit Steuergeldern und Partnern aus der Wirtschaft entwickelt hat. Diese Lösung heißt Insika: Eine kleine unscheinbare Karte mit einem Speicherchip darauf, wie sie jeder in seinem Portemonnaie dabei hat, ist das pfiffige Instrument gegen die Manipulation.

Die Karte wird über ein handelsübliches Lesegerät mit so gut wie allen am Markt vorhandenen Registrierkassen verbunden. Das Konzept hat sich übrigens schon bewährt: In Hamburg fuhren bereits Mitte letzten Jahres zwei Drittel aller Taxen mit dem System. Dem Vernehmen nach einwandfrei. Die Länder wollten Insika bundesweit durchsetzen. Im Bundesfinanzministerium gab es dagegen aber Vorbehalte.

Offiziell hieß es, man habe europarechtliche Bedenken gegen die Festlegung auf Insika. Man wolle eher technologieoffen bleiben.

Nun hat sich Schäuble durchgesetzt. Seine Beamten wollen in den nächsten Monaten eine Lösung präsentieren, bei der der Gastronom Insika oder eine andere technische Lösung wählen kann.

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