IhrPlatz erlebt die zweite Pleite

BONN/OSNABRÜCK · Für viele der 5800 Beschäftigten bei der Drogeriekette IhrPlatz dürfte die Insolvenz ihres Arbeitgebers ein Déjà-vu-Erlebnis sein. In den Ihr-Platz-Filialen der Region sind die Auswirkungen der Pleite vielfach schon sichtbar.

Bereits im Mai 2005 hatte das damals unabhängige Osnabrücker Traditionsunternehmen seine Zahlungsunfähigkeit angemeldet und war in die Planinsolvenz gegangen.Die Rettung in Eigenregie gelang so gut, dass Schlecker IhrPlatz Ende 2007 übernahm.

In den Ihr-Platz-Filialen der Region sind die Auswirkungen der Pleite vielfach schon sichtbar. Während in Bad Neuenahr-Ahrweiler und Rheinbach die Regale noch gut gefüllt sind, lichten sie sich in Bad Honnef zusehends. Die Mitarbeiter bemühen sich, die vorhandenen Waren gut zu verteilen, damit es nicht so auffällt. Sie warten täglich auf die Nachschublieferung, hoffen aber darauf, dass die Kette gerettet wird. Ebenfalls spürbar weniger in den Auslagen hat Ihr Platz in Siegburg liegen. Auch dort kommen die Lieferungen derzeit nur unregelmäßig an.

Bislang galten die Osnabrücker als Modell für eine gelungene Sanierung und damit als mögliches Vorbild für die zahlungsunfähige Mutter Schlecker. Doch nun ist IhrPlatz selbst wieder eine Baustelle für den Insolvenzverwalter.

Die Drogeriekette hat ihre Ursprünge in der 1895 gegründeten Seifenfabrik Frömbling. 1973 erhielt sie den heutigen Namen. Bis 2004 war die Traditionsfirma unbeirrt auf Expansionskurs. Ein Jahr vor der ersten Pleite verfügten die Osnabrücker über fast 700 Verkaufs- sowie 150 Franchise-Läden und zählten den damaligen Sanierungsberatern Alvarez & Marsal zufolge 8800 Mitarbeiter.

Doch das ungebremste Wachstum wurde IhrPlatz zum Verhängnis. Im Jahr 2000 übernahm das Unternehmen von der Parfümeriekette Douglas 250 Drospa-Märkte - und überschätzte dabei die eigenen Möglichkeiten. Weitere strategische Fehlentscheidungen kamen hinzu. Binnen weniger Jahre brach der Umsatz von 1,2 Milliarden Euro auf 700 Millionen Euro ein. Die Osnabrücker rutschten tief in die roten Zahlen.

Eine Planinsolvenz, die Sanierung unter Einbeziehung des Managements, rettete IhrPlatz. Die US-Investmentbank Goldman Sachs übernahm die Anteile der Gründerfamilie und sorgte für Kredite. 80 verlustreiche Filialen wurden geschlossen und mehr als 1000 Beschäftigte entlassen. Nach nur acht Monaten war IhrPlatz raus aus der Insolvenz.

Die Osnabrücker verpassten sich ein neues Image. Aus schmuddeligen Ramschläden für Putzmittel und Seife wurden moderne Filialen mit einem Schwerpunkt auf Schönheit und Wellness. Der wachstumshungrige Anton Schlecker griff zu - und kaufte sich mit IhrPlatz ein Premiumsegment für seine Marke. Seinen eigenen blau-weißen Läden haftete das Billigimage an, das IhrPlatz längst abgelegt hatte. IhrPlatz sei ein Beispiel für eine "erfolgreiche Restrukturierung", erklärten die Berater von Alvarez & Marsal nach der damaligen Rettung. Doch wenige Tage nach der Pleite der Mutter Schlecker ist nun auch die Tochter IhrPlatz erneut ins Straucheln geraten.

Donnerstagabend hat Rossmann unterdessen sein Interesse an bis zu 80 Filialen des Konkurrenten bekräftigt.

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