Umfrage unter Arbeitgebern Große Firmen in der Region schaffen kaum Jobs

Bonn · Eine Umfrage des GA und der IHK Bonn/Rhein-Sieg zeigt: Die 33 größten privaten Arbeitgeber in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis haben in den vergangenen zwölf Monaten kaum Arbeitsplätze aufgebaut.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges

Foto: picture alliance / dpa

Die Konjunktur in der Region Bonn/Rhein-Sieg floriert, allein die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze in Bonn hat binnen zwölf Monaten um 4000 auf 169 666 zugenommen. Im Rhein-Sieg-Kreis war die Entwicklung noch rasanter. Dort stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs von 145 000 Ende 2014 auf 154 000 Ende 2016.

Doch die 33 größten privaten Arbeitgeber in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis haben unter dem Strich in den letzten zwölf Monaten in der Region kaum Arbeitsplätze aufgebaut. Das geht aus der Erhebung hervor, die der General-Anzeiger einmal im Jahr mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg gemeinsam macht.

Die 33 größten Unternehmen verfügen aktuell zusammen über rund 51 700 Beschäftigte. Fast die Hälfte der Stellen entfallen auf die Deutsche Telekom mit jetzt noch 15 188 Mitarbeitern und die Deutsche Post mit rund 9000 Beschäftigten in der Region.

Da die öffentliche Hand nur leicht zum Beschäftigungsaufbau in der Region beigetragen hat, ist klar, dass derzeit vor allem die kleinen Unternehmen in der Region für den Jobzuwachs verantwortlich sind.

Die auffälligste Veränderung in der Tabelle gibt es beim größten Arbeitgeber in der Region, der Deutschen Telekom. Die Verringerung vom gut 2000 Stellen begründet Unternehmenssprecher Peter Kespohl zur Hälfte mit dem Umzug von zwei Geschäftsbereichen von Bonn nach Köln. Knapp 1000 Mitarbeiter der Deutschen Telekom Services Europe GmbH, die Verwaltungsaufgaben bei Finanzen, Einkauf und Personal für alle Konzernteile erbringt, und des Personaldienstleisters Vivento, der vor allem der öffentlich Hand Mitarbeiter vermittelt, haben jetzt ihre Büros in der Domstadt.

Grund dafür sei eine Zusammenführung von Aufgaben in größeren örtlichen Einheiten. Dabei habe eine Rolle gespielt, dass in Köln Gebäude in ausreichender Größe zur Verfügung standen, so Kespohl. Da Bonn und Köln so nah beieinander lägen, seien Stadtgrenzen bei der Standortsuche nicht vorrangig. Der Rest des Stellenabbau gehe auf Schwankungen zurück: „Es handelt sich dabei zum einen um ganz normale Veränderungen, die regelmäßig zu einer Abnahme oder Zunahme von Mitarbeitern in Bonn führen, aber auch durch interne Umbuchungen vorkommen können“, sagte der Sprecher.

Bei Telekom gab es immer größere Schwankungen im Mitarbeiterbestand

Einige Stellen würden jetzt nicht in der Region ansässigen Geschäftseinheiten zugeordnet werden, ohne dass die Mitarbeiter tatsächlich ihr Büro wechseln. Bei der Telekom gab es in den vergangenen Jahren immer größere Schwankungen im Mitarbeiterbestand der Region.

„Durch die Knappheit an Gewerbe- und Büroflächen in der Region ist es für viele Unternehmen schwierig, ihre Kapazitäten auszuweiten oder sich in der Region neu anzusiedeln“, meint IHK-Hauptgeschäftsführer Hubertus Hille. Ein Weg, dieses Problem anzugehen, sei mit Sicherheit die von der IHK immer wieder angemahnte verstärkte interkommunale Kooperation und die gemeinsame Entwicklung neuer Gewerbegebiete.

Eine Übersicht der Stellen in der privaten Wirtschaft bildet natürlich immer nur einen Teil des Arbeitsmarktes ab. Die öffentliche Hand ist weiterhin ein wichtiger Arbeitgeber. So arbeiten bei der Bonner Stadtverwaltung 6881 Menschen, davon 5085 Angestellte und 1796 Beamte. An der Universität Bonn (ohne Medizin) arbeiteten Ende letzten Jahres 4 683 Personen (davon 2 143 Frauen).

An der Medizinische Fakultät und am Universitätsklinikum Bonn waren zu diesem Stichtag 5 898 Personen beschäftigt. Zusammen waren das insgesamt 10 581 Personen, gut 500 mehr als ein Jahr zuvor. Bei den Einrichtungen der Vereinten Nationen in Bonn sind rund 1000 Mitarbeiter tätig.

Deutlich abgenommen hat hingegen die Bedeutung der Bundesministerien als Arbeitgeber: Diesen Sommer hatte der Bund noch 6310,2 Planstellen in Bonn, hat die Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Katja Dörner und Ulrich Kelber geantwortet.Ende 2015 beschäftigten die Ministerien noch 7 030 Menschen in Bonn. Sechs Bundesministerien haben nach wie vor ihren ersten Sitz am Rhein.

Für die kommenden Monate deuten sich zumindest bei zwei großen Arbeitgebern in Bonn Stellenabbau an. Bei der Postbank, die binnen der vergangenen zwölf Monate rund 150 Menschen mehr Arbeit gab, steht die Integration in die Deutsche Bank an. Bei Eaton verhandeln Geschäftsführung und Betriebsrat derzeit über ein Sparkonzept, das bundesweit 39 Arbeitsplätze kosten könnte. Ende 2018 zieht die Zurich Versicherung aus Bonn weg: Sie hat passende Büroräume gefunden – in Köln.

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