Personalberatertag in Königswinter Generation Y legt mehr Wert auf Work-Life-Balance

Königswinter · Die deutschen Personalberater stellen fest, dass Führungskräfte häufiger nach flexiblen Jobmodellen fragen. Vor allem die Generation Y ist anspruchsvoller geworden.

 Anspruchsvolle Kandidaten: Für jüngere Manager geht es bei Verhandlungen lum mehr als Gehalt und Dienstwagen.

Anspruchsvolle Kandidaten: Für jüngere Manager geht es bei Verhandlungen lum mehr als Gehalt und Dienstwagen.

Foto: picture alliance / dpa

Deutsche Unternehmen stellen weiterhin überwiegend Männer ein, wenn sie Führungskräfte und Spezialisten über Personalberater suchen. Lediglich 23 Prozent der Kandidaten, die im vergangenen Jahr über Personalberatungen rekrutiert wurden sind weiblich, hat der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) vorgestellt durch eine Befragung seiner Mitglieder festgestellt. Im Jahr zuvor waren es 21 Prozent.

„Da ist noch etwas zu tun“, sagte Regina Ruppert, BDU-Vizepräsidentin, am Mittwoch auf dem Deutschen Personalberatertag in Königswinter. Dabei würden sich die Personalberater auch immer bemühen, auch Frauen in die engere Auswahl der zu präsentierenden Kandidaten zu bekommen. Dazu hätten sich die BDU-Mitglieder selbst verpflichtet. Noch nicht immer sei der Arbeitgeber für weibliche Bewerber zugänglich. Auch für Führungskräfte und Spezialisten mit Migrationshintergrund bleibt die Nachfrage verhalten: Sie stellten sieben Prozent der vermittelten Kandidaten, nach fünf Prozent ein Jahr zuvor.

Auf eine andere Klientel müssen sich die Personalberater besonders einstellen: „Jüngere Interessenten an einer Führungsposition haben heute ganz andere Vorstellungen als die Kandidaten vor zehn Jahren“, sagte Wolfram Tröger, Vorsitzender des Fachverbands Personalberatung im BDU. Vertreter der Generation Y würden auf die Work-Life-Balance viel mehr Wert legen. Sie fragten viel häufiger nach der Flexibilität der Arbeitszeit und des Arbeitsortes als nach der Höhe des Gehaltes und dem Dienstwagen.

Zur Generation Y zählt man die Jahrgänge 1980 bis 1995, denen nachgesagt wird, Althergebrachtes in Frage und die Arbeitswelt auf den Kopf zu stellen. Es käme heute durchaus vor, dass Bewerber im Vorstellungsgespräch den Spieß umdrehen: „Ich will jetzt nichts über mich erzählen, sondern habe fünf Fragen zum Unternehmen und zur Stelle“, zitierte Tröger aus seinen Erfahrungen. Manchen jüngeren Kandidaten müsse er bremsen: „Ein bisschen zu nassforsch, ein bisschen zu offensiv.“ Es sei ein Ausfluss der Wissensgesellschaft, dass Bewerber auch Schnelligkeit und Transparenz im Vorstellungsverfahren erwarten, meinte Ruppert: „Die Kandidaten sind anspruchsvoller geworden.“ Die Beziehungspflege auch nach Jobantritt werde wichtiger.

Dass sein Branche in den kommenden Jahrzehnten durch automatisierte Suchalgorithmen ersetzt wird, glaubt Tröger nicht, auch wenn erste Systeme bereits Persönlichkeitsprofile durch Netzrecherche liefern: „Ich bekomme in einem einstündigen Gespräch immer noch mehr heraus als jede Maschine.“ Die gute Konjunktur beschert den deutschen Personalberatern derzeit volle Auftragsbücher. Der Branchenumsatz stieg im vergangenen Jahr um 6,8 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro. Für dieses Jahr erwartet die Branche sogar ein Umsatzwachstum von 8,4 Prozent. Insgesamt 57 400 Positionen haben die Personalberater im vergangenen Jahr vermittelt.

Ganz oben auf der Wunschliste der Unternehmen standen im vergangenen Jahr Experten aus Marketing und Vertrieb. Maschinenbau und Konsumgüterindustrie hätten besonders viele Positionen zu besetzen gehabt. „In den kommenden Jahren werden wir viele Aufträge von Versicherern bekommen“, sagt Tröger. In dieser Branche würden zwar viele Stellen abgebaut, aber gleichzeitig würden Führungskräfte mit anderen Qualifikationen als bislang gefragt, die beispielsweise den Trend zur mehr Digitalisierung umsetzten.

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