Internet im Rhein-Sieg-Kreis Firmen fühlen sich ausgebremst

RHEIN-SIEG-KREIS · Im Rhein-Sieg-Kreis ärgern sich viele Firmen über leistungsschwache Internetverbindungen. Einige ziehen sogar einen Wegzug in Erwägung.

Swisttal: "In Sachen Internet leben wir in Heimerzheim in der Diaspora." Das sagt Günter Hemgesberg (64), der seit fast 20 Jahren im ehemaligen Hof Mauel mitten im Ort sein Serviceunternehmen betreibt. Er pflegt beispielsweise Webseiten von Automobilunternehmen und hat bundesweit 6500 Kunden. Hemgesberg will noch in diesem Jahr den Betrieb an seine Kinder Roman (32) und Lara (23) weitergeben. Ob die allerdings langfristig in Heimerzheim bleiben, steht in den Sternen. Denn die Firma ist auf ein schnelles Netz angewiesen, da sie 80 Prozent ihrer Dienstleistungen übers Internet abwickelt. "Wenn das nicht besser wird, ziehen wir weg", sagt denn auch der Junior-Chef.

Roman Hemgesberg erläutert: "Durch den Einsatz von Multimedia-Inhalten, die aus einem sehr großen Datenvolumen bestehen, wird die Zeit, die zur Übertragung benötigt wird, zusätzlich verlängert. Da die Übertragung einer komplexen Internetseite so mehrere Stunden dauern kann, erhöhen sich die Zeiträume für eine mögliche Kontrolle oder eine erneute Übertragung beträchtlich. Dies erhöht die Kosten und behindert Innovation erheblich."

Die Webseite selbst im Firmenstandort für das Internet bereitzustellen, sei in diesem Szenario ausgeschlossen, da der Upload einer DSL-Verbindung dazu um mehrere Größenordnungen zu langsam sei, so Hemgesberg. Mit einer ausreichend schnellen und zuverlässigen Verbindung könne man die Inhalte in angemessener Geschwindigkeit in ein Rechenzentrum übertragen oder am eigenen Standort die Inhalte für das Internet bereitstellen.

Ein Beispiel für solch eine Verbindung ist laut Hemgesberg eine Glasfaser, die direkt in das Firmengebäude gelegt wird mit einer Verbindungsgeschwindigkeit von 20 bis 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s). "Solche Möglichkeiten könnten Heimerzheim zu einem interessanten Standort für sämtliche Unternehmen machen, die sich auf Internetdienste und alles, was damit verbunden ist, spezialisiert haben oder spezialisieren möchten."

In Morenhoven sind die Ausbauarbeiten abgeschlossen und Geschwindigkeiten von 50 Mbit/s möglich; Odendorf, Essig und Ludendorf sind jedoch unterversorgt. Dort kommen teils nur zwei Mbit/s an. Dies sei besonders für Gewerbetreibende in Odendorf sehr ärgerlich, meint Gemeindesprecher Bernd Kreuer. Größere Datentransfers dauerten dort wesentlich länger als in Nachbarorten.

Auch für die Gemeinde sei dies bei der Akquise von Firmen nicht von Vorteil. Doch für die Telekom sei eine Investition nicht rentabel. Dies bestätigt deren Pressesprecher André Hofmann: "Die Tiefbaukosten sind zu hoch. Die Verlegung von einem Kilometer Glasfaserkabel kostet 70.000 Euro." Man werde sich bald mit Landrat Sebastian Schuster zusammensetzen, um eine Bestandsaufnahme der Situation im Kreis zu machen und über Verbesserungsmöglichkeiten zu sprechen.

Meckenheim: Um unterversorgte Areale (also mit Bandbreiten unter zwei Mbit/s) ausfindig zu machen, hat sich die Wirtschaftsförderung der Stadt Meckenheim auf die Suche begeben. "Eine flächendeckende Unterversorgung wurde festgestellt in Altendorf, Ersdorf, Lüftelberg und in zwei Bereichen von Merl", erklärt Wirtschaftsförderer Dirk Schwindenhammer. Für diese Bereiche habe die Stadt Fördermittel beantragt und auch erhalten.

Aktuell baue die Deutsche Telekom ihr Netz in den Stadtteilen aus. "Hier wird es zum Ende des Jahres eine 99-prozentige Versorgung geben mit Bandbreiten bis zu 50 Mbit/s", so Schwindenhammer. Das gelte auch für zahlreiche Gewerbetreibende - etwa auf dem Steinbüchel oder an der Grenzstraße in Merl. In anderen Teilen der Stadt sei die Versorgung gut, sie liege zumindest über der Definition von zwei Mbit/s. "Daher greifen hier die Förderprogramme nicht."

Die Netzanbieter bauten ihr Netz ohne Fördermittel eigentlich nicht aus. Im Industriepark Kottenforst hat vor mehr als drei Jahren die Firma bn:t ein eigenes Glasfaserkabel verlegt und versorgt einen Großteil des Gebietes Am Hambuch. Große Unternehmen nutzten auch eigene Standleitungen anderer Anbieter. "Aktuell gibt es von bn:t die Überlegungen, das eigene Netz auszubauen. Hierzu müssten jedoch ausreichend Kunden vorhanden sein, die das Angebot annehmen, damit sich die Investition mittelfristig rechnet", so Schwindenhammer.

Rheinbach: Die Gewerbetreibenden in Rheinbach hätten keinen Grund zur Klage, findet Wirtschaftsförderer Robin Denstorff. "Generell sind wir in den Gewerbegebieten in Rheinbach zufrieden mit der Versorgung." Das Gründer- und Technologiezentrum verfüge über eine Glasfaseranbindung mit 100 Mbit pro Sekunde. Im Hochschulviertel habe es bis vor Kurzem Engpässe bezüglich möglicher DSL-Anschlüsse gegeben. Doch diese seien mittlerweile durch die Telekom behoben, so dass auch dort 50 Mbit/s möglich seien, berichtet Denstorff.

Auch in den Gewerbegebieten Nord 1 und Nord 2 seien die Unternehmen größtenteils zufrieden. Da es aber, so räumte er ein, in manchen Arealen Rheinbachs noch "Optimierungspotenzial" in Sachen Internetgeschwindigkeit gebe, sei es von Seiten der Stadt wichtig, sich für eine sehr gute Internetversorgung einzusetzen.

Für Landrat Sebastian Schuster ist der Ausbau der DSL-Netze im gesamten Kreis von großer Bedeutung: "Schnelles Internet ist ein klarer Standortvorteil und steigert die Attraktivität einer Region sowohl für Unternehmen als auch für die Bürger. In einer Welt, in der Wirtschaft und Menschen immer stärker über das Internet kommunizieren, ist der DSL-Ausbau unverzichtbar." hsc/hpf/meu/qm

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