Fahnenfabrik-Mitarbeiter erhalten Lohn

BONN · Die Löhne und Gehälter für die rund 70 Mitarbeiter der insolventen Bonner Fahnenfabrik (der GA berichtete) sind zumindest bis Januar sicher.

Die Bonner Arbeitsagentur hat eine Vorfinanzierung des sogenannten Insolvenzgeldes genehmigt, das zahlungsunfähigen Unternehmen eine Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter über drei Monate ermöglicht. Das teilte die vorläufige Insolvenzverwalterin, Ingrid Trompertz, am Mittwoch mit.

Außerdem nannte die Fahnenfabrik am Mittwoch Gründe, die zur finanziellen Schieflage des 1866 gegründeten Familienunternehmens geführt haben. Geschäftsführer Uwe Busch sieht den Bonner Industriebetrieb mit dem markanten Schornstein hinter der Nordbrücke nicht zuletzt als Opfer der aktuellen Euro- und Schuldenkrise.

Die Fahnenfabrik erwirtschaftet nach seinen Angaben 95 Prozent ihres Umsatzes mit Werbeartikeln, nämlich Fahnen und Großdrucke für Unternehmen. "Die Werbebranche ist für konjunkturelle Schwankungen äußerst sensibel", sagte Busch am Mittwoch. "In den letzten Wochen haben unsere Kunden zahlreiche Projekte mit Hinweis auf die aktuelle Krise verschoben."

Die Folge: Den Bonnern ging das Geld aus. Auch die Gesellschafter - das Unternehmen gehört drei Nachkommen der Gründerfamilie Meyer - hätten den Fehlbetrag nicht mehr ausgleichen können und wollen.

Die vorläufige Insolvenzverwalterin sieht trotz des Zahlungsengpasses Chancen, die Fahnenfabrik weiterzuführen. "Die Möglichkeiten loten wir aus, wenn wir die wichtigsten Maßnahmen zur Existenzsicherung getroffen haben", sagte Trompertz. Prinzipiell kommen mehrere Möglichkeiten in Frage. Geschäftsführer Busch hält unter anderem einen Einstieg von Investoren oder eine Übernahme durch einen Konkurrenten für "denkbar", um die Finanzmisere zu überwinden.

Außerdem müsse das Unternehmen über "neue Geschäftsmodelle nachdenken". Denn die Probleme des Traditionsbetriebes haben nach Angaben der Geschäftsführung schon weit vor der Eurokrise begonnen. Seit zehn Jahren macht den Bonnern laut Busch ein Unternehmen aus dem Osten Deutschlands Konkurrenz. "Wir bewegen uns in einem sehr überschaubaren Markt", so der Geschäftsführer.

Durch den Wettbewerber seien die Preise und damit auch die Umsätze in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Bereits 2009 habe die Fahnenfabrik daher umstrukturiert und 15 von damals 93 Stellen gestrichen. Auch die klammen Kassen der Kommunen hat die Fahnenfabrik nach eigenen Angaben zunehmend zu spüren bekommen. "Nur in den großen Tourismus-Regionen wird noch mit bedruckten Fahnen geworben", sagte Busch. Zuletzt lag der Jahresumsatz des Unternehmens im vergangenen Jahr bei sieben Millionen Euro, 2004 waren es noch 9,5 Millionen Euro gewesen.

Die Bonner Fahnenfabrik produziert vorwiegend nach Auftrag. "Die klassischen Länderfahnen sind nur ein Bruchteil unseres Geschäfts", so Busch. Die aufwendigen Werbebanner für die Kunden werden auf bis zu 50 Meter langen Maschinen bedruckt. Die Produktion läuft trotz des Insolvenzantrags weiter. "Was an Material da ist, wird verarbeitet", sagte Trompertz.

Mit den Lieferanten verhandelt die Anwältin nun über Sicherheiten für neue Lieferungen. Wie lange noch Fahnen das Werksgelände von einem der letzten alteingesessenen Industrieunternehmen im Bonner Stadtgebiet verlassen, wird sich Anfang kommenden Jahres zeigen. Dann will die vorläufige Insolvenzverwalterin ihre Prüfung abgeschlossen haben und ein Gutachten über die Zukunft des Betriebes vorlegen.

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