Interview mit Thomas Roeb "Für deutsche Händler wird es wirklich schwierig"

Bonn · Thomas Roeb ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg. Über die Probleme der Modebranche sprach mit dem Handelsexperten Claudia Mahnke.

 Prof. Dr. Thomas Roeb.

Prof. Dr. Thomas Roeb.

Foto: picture alliance / Eventpress

Warum stecken so viele Modehändler derzeit in der Krise?

Thomas Roeb: Es gibt drei unterschiedliche Händlertypen: die traditionellen Fachgeschäfte mit Marken zu gehobenen Preisen wie Sinn Leffers, die Modediscounter wie H&M, die ihre Waren auch selbst entwerfen und herstellen lassen und die Internet-Händler. Die Fachgeschäfte stehen sowohl von den Modediscountern als vom Internet unter Druck. Die einen sind billiger und modischer, die anderen bieten mehr Auswahl und oft bessere Preise. Traditionelle Fachgeschäfte wie Sinn Leffers haben kein wirklich gutes Rezept gefunden, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Ihnen fehlen das Know-How und die Mengen, um mit den Discountern mitzuhalten und der Platz für die Auswahl des Internets. Wie wichtig das Know-How von H&M ist, sieht man übrigens an Esprit: ein scheinbar sehr ähnliches Konzept wie H&M, aber wegen vieler Defizite im Detail viel weniger Geld in der Kasse.

Sehen Sie für deutsche Modefachgeschäfte noch eine Geschäftschance zwischen Zara und Zalando?

Roeb: Für deutsche Händler wird es wirklich schwierig. Wenn Sie an die Bonner Innenstadt denken: Für Herren gibt es ja eigentlich fast nur noch Anson´s und Sinn Leffers. Herrenausstatter werden rar.

Müsste es in mittelgroßen Städten wie Bonn nicht eine Chance für Geschäfte wie Sinn Leffers geben, weil Kunden gar nicht so viel anderes finden?

Roeb: Dass ein Kunde dort mal hereingeht, weil es nichts anderes gibt, reicht nicht aus. Auch zu Schlecker ist „man“ am Ende noch gegangen. Offensichtlich geben in den kriselnden Modeketten zu wenig Leute genügend Geld aus. In Bonn hat Sinn Leffers außerdem einen teuren Standort, der noch stets in Schuss gehalten werden muss.

Sinn-Leffers-Eigentümer Wöhrl hatte gehofft, durch die Übernahme bessere Einkaufskonditionen zu erhalten.

Roeb: Schlecker hat wenige Jahre, bevor die Firma pleiteging, auch noch die Drogeriemarktkette Ihr Platz übernommen. Wenn Ihr Schiff untergeht, dann holen Sie es nicht über Wasser, indem Sie Rettungsringe auswerfen. Das Hauptschiff muss schon von alleine schwimmen. Als die Titanic unterging, hat sie auch ihre letzten Rettungsboote mit sich heruntergerissen.

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