Firmen in der Region Eiweiß fürs Gehirn

Bonn · Die Bonner Firma Neuway Pharma forscht an einem besseren Medikamententransport im Blut. Bislang verhindert ein natürlicher Schutzmechanismus des Körpers, dass Substanzen ins Gehirn gelangen.

Im Genlabor zeigen die beiden Geschäftsführer der Neuway Pharma GmbH Rudi Scherhag (links) und Heiko Manninga , wie sie Proteine gewinnen. FOTO: KOHLS

Im Genlabor zeigen die beiden Geschäftsführer der Neuway Pharma GmbH Rudi Scherhag (links) und Heiko Manninga , wie sie Proteine gewinnen. FOTO: KOHLS

Foto: Roland Kohls

Heiko Manninga hat mit den kleinen Bausteinen Großes vor. Der Geschäftsführer und Gründer des Bonner Biotech-Unternehmens Neuway Pharma hat es auf ein bestimmtes Eiweiß abgesehen. In seinem Genlabor unter dem Dach des Forschungszentrums Caesar entstehen Milliarden dieser nützlichen Proteine. Die Proteine helfen dabei, Medikamente übers Gehirn ins zentrale Nervensystem zu transportieren.

Was zunächst einfach klingt, ist tatsächlich kompliziert. „Bislang scheitern viele Behandlungsmöglichkeiten etwa von Alzheimer oder Multipler Sklerose daran, die Medikamente an den Ort zu bringen, an dem sie wirken können“, sagt Manninga. Das verhindere die sogenannte Blut-Hirn-Schranke. Dabei handelt es sich um einen Schutzmechanismus des menschlichen Körpers. Die Barriere verhindert, dass schädliche Substanzen ins Gehirn gelangen, während Nährstoffe und Gase zur Versorgung und Stoffwechselprodukte ungehindert passieren können. Auch die Mehrzahl von Arzneimitteln scheitert an der Blut-Hirn-Schranke. Bald nicht mehr, wenn es nach Manninga geht. Neuway Pharma züchtet Zellkulturen, die quasi gezwungen werden, eine Art Protein-Kapsel herzustellen. In dieser Kapsel lassen sich Medikamente verpacken. Der Clou dieser Proteinstruktur ist ihre Erscheinung. Da sie vom Aufbau her einem bestimmten Virus ähneln, können die Kapseln den Körper täuschen und wie der Virus die Blut-Hirn-Schranke überwinden.

Seit vier Jahren forschen Manninga und sein 14-köpfiges Team aus Biologen und technischen Assistenten an der Methode. Ebenso lange ist die kleine Biotech-Firma, die ein Spinn-off, also eine Ausgliederung der Bonner Life Science Inkubator GmbH ist, auf der Suche nach Geldgebern. Mit „Klinken putzen und viele Absagen bekommen“, umschreibt Manninga diesen Zeitraum. Die Erstrundenfinanzierung über 5,85 Millionen Euro brachte eine Investorengruppe unter Führung von Wellington Partners auf. Wagniskapitalgeber Wellington mit Sitz in London, München und Zürich, hat bislang ein Fondsvolumen von 800 Millionen Euro verwaltet und in mehr als 100 Unternehmen in Europa investiert.

Am bekanntesten sind die Beteiligungen am Online-Immobilienportal Immoscout24, dem Musikstreamingdienst Spotify und am Online-Netzwerk Xing. Geldgeber wie Wellington sichern sich im Gegenzug für ihr Investment Anteile am finanzierten Unternehmen. Zu diesen knapp sechs Millionen Euro erhielt Neuway weitere rund drei Millionen Euro aus öffentlichen Fördergeldern. Manninga: „Gut die zehnfache Summe muss man rechnen, bis ein fertiges Medikament auf den Markt kommt.“

Zurzeit laufen bei der Bonner Firma die präklinischen Erprobungen an Tieren. Verlaufen diese erfolgreich, könnten danach klinische Tests an menschlichen Patienten folgen. „Unsere Hoffnung ist, dass wir in zwei bis drei Jahren mit unserer Methode genetische Erkrankungen behandeln können“, sagt Manninga.

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