Wenig Transparenz bei Investorensuche Ein Rettungsplan für Solarworld

Bonn · Die Firma Prisma Systems sagt, sie hat für Solarworld einen Rettungsplan. Nur habe diesen bisher niemand sehen wollen.

Jörn Weitzmann kennt sich mit Insolvenzen aus. Der Rechtsanwalt ist spezialisiert auf Unternehmenspleiten. Wenn nur noch ein Verkauf den Schuldenberg abtragen kann, finden sich neben einigen ernsthaften Investoren auch die Unseriösen, die über die insolvente Firma herfallen wie Geier über einen Kadaver.

„Es gibt immer Störer“, sagt Weitzmann, der beim Deutschen Anwaltsverein die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht leitet. „Man braucht bei Verkaufsverhandlungen einen Gleichschritt“, erklärt er. Das heißt: An der Startlinie müssen alle Kaufinteressenten eine Vertraulichkeitserklärung unterschreiben. Erst dann erhalten sie Einblick in die Unternehmensbücher, die Auskunft über Patente, Lieferantenpreise und -konditionen sowie die Gehaltsstrukturen und Arbeitsverträge geben. „Das sind hochsensible Daten. Wer die missbraucht, kann ein ganzes Unternehmen zerstören“, erklärt Weitzmann.

Hohe Vertragsstrafe, wenn Vertraulichkeit gebrochen wird

Hat jemand eine Vertraulichkeitserklärung unterzeichnet, muss er bei Bruch dieser Vertraulichkeit eine Vertragsstrafe zahlen. „Die Höhe ist Verhandlungssache“, sagt Weitzmann. „Das kann bis in den sechsstelligen Eurobereich gehen.“ Daher sei eine Vertraulichkeitsvereinbarung „gute Praxis“: „Wer sie nicht eingeht, schließt sich selbst aus dem Bieterverfahren aus.“

Die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist es laut Weitzmann, „die Kommunikationszügel in der Hand zu halten.“ Bei den Verkaufsverhandlungen für die insolvente Solarworld AG in Bonn liefen diese Zügel beim Sprecher des Insolvenzverwalters Horst Piepenburg zusammen. Auf Nachfrage, wer denn nun als Bieter im Rennen sei, verwies Thomas Schulz stets darauf, dass solche Informationen nicht herausgegeben werden könnten.

Und wer schaut dem Insolvenzverwalter nun auf die Finger? Weitzmann sagt, die Transparenz des Verkaufsprozesses sei durch die Gläubiger garantiert. Die Gläubigerversammlung, vertreten durch den Gläubigerausschuss, in dem neben den Banken und den Lieferanten auch die Arbeitnehmervertreter sitzen, wird vom Insolvenzverwalter über den Fortgang der Verkaufsverhandlungen informiert. „Bei einem Unternehmen von der Größenordnung einer Solarworld AG können Sie davon ausgehen, dass im Gläubigerausschuss Profis am Werk sind.“

Trotz allem: Verschiedene Kaufangebote werden den Gläubigern dort auch nicht vorgesetzt. Es gibt nur eins zu verhandeln. Wenn man der Prisma Systems aus den Niederlanden glaubt, hat sie nie eine Chance bekommen, ihren Hut in den Ring zu werfen. Weil ihr deshalb die Hutschnur gerissen ist, sind ihre beiden Gesellschafter Thomas Bornstein und Hans Stadler in dieser Woche an die Öffentlichkeit gegangen.

Idee eines Solarverbunds Europa

„Wir könnten für die nächsten sechs Jahre Aufträge für Solarworld sichern“, sagt Stadler. Man habe Aufträge im Umfang von 3,6 Gigawatt, Solarworld habe eine Jahreskapazität von 1,2 Gigawatt. Prisma ist Berater und Entwickler von Solarparks, die auf Industriegebäuden, auf Dächern von Privathäusern und im Gelände installiert werden. Seit 2009 hat das Unternehmen über hundert Anlagen weltweit errichtet. In Brasilien baue man selbst Solarmodule, in China lasse Prisma ebenfalls fertigen, erklärt Stadler.

„Unsere Idee ist, einen Solarverbund Europa zu bilden“, sagt Stadler. Der Name Solarworld stehe für Qualität, hierzulande gefertigte Module seien in Europa sehr begehrt. Prisma glaubt, dass die Hälfte der 1850 Beschäftigten von Solarworld erst in einer Transfergesellschaft unterkommen müssten, die aber nach der Restrukturierung wieder eingestellt werden könnten. Während Piepenburgs Sprecher Prisma Systems die Ernsthaftigkeit des Angebots abspricht, zeigt Stadler die unterschriebene Vertraulichkeitserklärung. „Wir haben unterzeichnet, aber es kam nicht die Unterschrift der Gegenseite.“ So habe man auch nie Einblick in die Solarworld-Bücher erhalten und kein Angebot abgeben können.

Nach deutschem Insolvenzrecht hat bei einer Unternehmensrettung der Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze Priorität. Im Fall Solarworld kann man derzeit nicht erkennen, dass sich alle Beteiligten von dieser Prämisse leiten ließen, da der Investor im Rennen nur 450 Arbeitsplätze erhalten will.

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