Sozialgericht Köln legt Jahresbericht vor Ein Recht auf eine Waschmaschine

Bonn/Köln · Fast 13.000 Klagen sind beim Sozialgericht Köln im vergangenen Jahr eingegangen. Die meisten Streitigkeiten gibt es im Bereich der Grundsicherung. Eine Auswahl der wichtigsten Fälle 2015.

 Die Kosten für Wohnung und Heizung müssen Empfänger von Grundsicherung häufig vor dem Sozialgericht einklagen.

Die Kosten für Wohnung und Heizung müssen Empfänger von Grundsicherung häufig vor dem Sozialgericht einklagen.

Foto: dpa

Die meisten Kläger vor dem Sozialgericht in Köln sind Arbeitslose, die Grundsicherung beziehen. Aber auch um Renten und die Übernahme von Sozialversicherungen wird gestritten. Das Sozialgericht in Köln, das auch für Bonn und den Rhein-Sieg-Kreis verantwortlich ist, hat seinen Jahresbericht für 2015 vorgelegt. Eine Auswahl der wichtigsten Fälle:

Waschmaschine muss sein: Eine Waschmaschine ist notwendig, um „eine geordnete Haushaltsführung“ sicherzustellen. So begründete das Sozialgericht Köln im vergangenen September ein Urteil zugunsten eines Klägers, der Grundsicherung bezog. Der alleinstehende Arbeitslose beantragte im Rahmen einer Erstausstattung die Übernahme der Kosten für eine Waschmaschine. Das Jobcenter lehnte ab. Der Grund: In unmittelbarer Nähe der Wohnung des Klägers befand sich ein Waschsalon. Dieser sei ausreichend, so das Jobcenter. Das Sozialgericht sah den Fall anders: Wer seinen Haushalt ordentlich führen will, braucht die Möglichkeit, Kleidung in der eigenen Wohnung oder zumindest im selben Gebäude waschen zu können, heißt es in der Begründung. „Offen war in diesem Fall auch die Frage, wer ansonsten die Kosten für den Waschsalon hätte übernehmen sollen“, fügt Gerichtssprecher Stefan Schmitz hinzu.

Jobcenter zahlt Räumungsklage: Viele Probleme im Bereich der Grundsicherung entstehen, wenn es um die Kosten der Unterkunft geht. Im Fall einer Familie zahlte das Jobcenter aufgrund eines Berechnungsfehlers nur vier Fünftel der Miete. Nach einiger Zeit schickte der Vermieter eine Mahnung. Das Jobcenter reagierte nicht, bis der Familie die Räumungsklage ins Haus flatterte. Erst dann beglich das Jobcenter die Zahlungsrückstände. Allerdings forderte der Vermieter anschließend zusätzlich die Übernahme der Kosten für die Räumungsklage. Die Familie zog vor Gericht und erstritt die Kosten von insgesamt 1412 Euro vom Jobcenter. Schließlich waren die Kläger in diesem Fall nicht Hauptverursacher der Räumungsklage, so das Urteil. Die Familie hatte das Jobcenter immer rechtzeitig über die Mahnungen informiert.

Fahrt ins Café ist kein Arbeitsweg: Wann ist ein Unfall ein Arbeitsunfall? Ein Fahrradsturz auf dem Weg ins Café während der Arbeitszeit gehört auf jeden Fall nicht dazu. Auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer mit dem Vorsatz das Café besucht, danach wieder leistungsfähiger zu sein. Mit dieser Begründung argumentierte ein Jurist vor Gericht in einem Verfahren gegen die zuständige Berufsgenossenschaft. Bei einem Unfall auf dem Weg vom Café ins Büro hatte er sich den Oberschenkelknochen gebrochen. Er habe dringend einen Kaffee gebraucht, um danach kräftig in seinen Akten aufzuräumen. Das Sozialgericht urteilte, bei dem zurückgelegten Weg handele es sich nicht um einen versicherten Weg zur Nahrungsaufnahme. Der Verzehr von Genussmitteln falle in den privaten Bereich.

Einmal Abschlag, immer Abschlag: Zunehmend mehr Rentner klagen, weil sie eine neue Berechnung ihrer Bezüge verlangen. Grund dafür ist die Gesetzesänderung im Juli 2014: Seitdem gibt es die Möglichkeit, nach 45 Versicherungsjahren bereits mit 63 Jahren ohne Abschlag in Rente zu gehen. Allerdings gilt das nicht für Versicherte, die bereits Rente beziehen und bereits Einbußen in Kauf genommen haben. Wer einmal eine Altersrente beziehe, könne diese nicht wechseln, urteilte das Sozialgericht. „Das halten einige Kläger für sehr ungerecht“, erzählt Gerichtssprecher Stefan Schmitz. Der Gesetzgeber kenne die Problematik, habe aber bisher keine neuen Regelungen getroffen. Etwa hundert dieser Fälle habe das Sozialgericht 2015 bearbeitet.

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