Ex-NRW-Wirtschaftsminister Duin wird neuer Chef der Handwerkskammer Köln

Köln · Nach dem Abrechnungsskandal, der die Handwerkskammer zu Köln im Frühjahr erschütterte, hat die Organisation die Geschäfte Ex-Minister Garrelt Duin anvertraut. Der erklärte, warum er von Thyssenkrupp weg will.

 Hat alle SPD-Parteiämter niedergelegt: Der frühere NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin wechselt in die Handwerkskammer zu Köln. FOTO: DPA

Hat alle SPD-Parteiämter niedergelegt: Der frühere NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin wechselt in die Handwerkskammer zu Köln. FOTO: DPA

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Europa-Abgeordneter, Mitglied des Bundestages, Landeswirtschaftsminister, Konzern-Personalchef – Garrelt Duin hat einen durchaus ambitionierten Lebenslauf vorzuweisen. Seit diesem Montag kann er seiner beruflichen Vita eine weitere Position hinzufügen: Duin wird Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. Auf der Vollversammlung, die ihn mit der Aufgabe am Montag offiziell betraute, kündigte der 51-Jährige an, die Arbeit im September aufzunehmen.

Duins Wahl am Montag galt als Formalie, nachdem die Personalie bereits Anfang Juli bekanntgeworden war. Unter fast 100 Bewerbern hatten sich die Kammergremien in einem mehrstufigen Verfahren für den Juristen und ehemaligen SPD-Politiker entschieden, der seit Frühjahr 2018 die Personalverantwortung für mehrere Geschäftsbereiche in der Anlagenbausparte von Thyssenkrupp hat.

Mit großer Begeisterung

In seiner 23-minütigen Vorstellungsrede ging es ihm offensichtlich darum, Vorbehalte gegenüber seinem Werdegang abzubauen. „Ich brauche kein Sprungbrett“, versicherte er den Mitgliedern der Vollversammlung. Er wolle „zehn Jahre oder mehr“ als Hauptgeschäftsführer wirken und beweisen, dass er sich das Ehrenzeichen des Westdeutschen Handwerkskammertages, das er 2017 erhalten hatte, wirklich verdient habe. Die Position nehme er „mit großer Begeisterung“ an, sagte Duin. Bereits zu Jahresbeginn habe er sich entschieden, die Konzernstrukturen von Thyssenkrupp wieder zu verlassen. Er habe ein Thema gesucht, mit dem er sich identifizieren könne. Dass es die Handwerkskammer geworden sei, sei Zufall gewesen. Deren Größe sei zwar „überschaubar, aber groß genug“. Mit ihren rund 33.000 Mitgliedsunternehmen ist die Organisation die viertgrößte Handwerkskammer Deutschlands. Ihr Bezirk erstreckt sich über den ganzen Köln-Bonner-Raum.

Duin versprach, überparteilich zu wirken. Bereits mit seinem Ausscheiden aus der NRW-Landesregierung, das unabhängig vom Wahlausgang 2017, als Rot-Grün abgewählt wurde, erfolgt sei, habe er alle Parteiämter niedergelegt. Die SPD will er nicht verlassen, aber das Politikgeschäft, so wie es heute geführt wird, sage ihm nicht mehr zu. Seine Überparteilichkeit sei wohl auch anerkannt worden, als er Aufsichtsratschef der Kölner Stadtwerke wurde, erklärte Duin. Er hatte die Position 2018 nach der geplatzten Besetzung eines neuen Hauptgeschäftsführerpostens der Stadtwerke mit Martin Börschel erhalten, dem damaligen Vorsitzenden der Kölner SPD–Ratsfraktion. Die Schaffung dieser gut dotierten Stelle, die als Beispiel für den alten Kölner Klüngel galt, hatte Börschel sein Amt gekostet.

"Genauigkeit geht vor Schnelligkeit"

Duin kündigte an, die Kammergeschäfte „betriebswirtschaftlich“ führen zu wollen. Und: „Genauigkeit geht vor Schnelligkeit.“ Das kann auch als Hinweis auf die Affäre gedeutet werden, die erst zur Vakanz des Hauptgeschäftsführerpostens in der Handwerkskammer führte: Duin tritt die Nachfolge von Ortwin Weltrich an, der im März gemeinsam mit seinem Stellvertreter Peter Panzer gehen musste, weil es jahrelange Abrechnungsfehler gegeben hatte, in die eine Tochter der Handwerkskammer verwickelt war. Der Interessenvertretung soll laut einem Gutachten ein Schaden von 1,1 Millionen Euro entstanden sein.

Zu den zentralen Themen, die der neue Hauptgeschäftsführer in Angriff nehmen muss, gehören die drohenden Diesel-Fahrverbote, die laut Kammerpräsident Hans Peter Wollseifer die Mehrheit der Handwerksbetriebe betreffen würden, weil sie in potenziellen Fahrverbotszonen unterwegs sind. Außerdem will Duin bei wichtigen In-frastrukturmaßnahmen und der Steuerpolitik, insbesondere bei der Grundsteuerreform, mitreden. Ferner will er die Bedeutung der dualen Ausbildung stärken, den Meisterbrief verteidigen und jungen Menschen Mut machen zur Selbstständigkeit.

Ganz zu Beginn hatte er die Herkunft seines Namens gelüftet: Garrelt ist die ostfriesische Variante von „Gerhard“ und Duin bedeutet „Düne“, erklärte der aus Leer Gebürtige. Nun will er von Essen nach Köln umziehen. Wohnungen hat er sich dort schon angeschaut.

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