Arbeit in Zukunft Die Maschine als Servicekraft

Bonn · Bei der Telekom diskutieren Mitarbeiter über die Auswirkung künstlicher Intelligenz auf Jobs. Der Konzern ist sich sicher: Roboter werden über kurz oder lang im Geschäft eine große Rolle spielen - sogar eine Tätigkeit im Vorstand sei vorstellbar.

Telekom-Personalvorstand Christian Illek gestern beim Business-Talk in Bonn.

Telekom-Personalvorstand Christian Illek gestern beim Business-Talk in Bonn.

Foto: Benjamin Westhoff

Pepper ist noch langsam in seinen Reaktionen. Bis der humanoide Roboter der Deutschen Telekom auf eine Frage antwortet, hätte ein erboster Call-Center-Anrufer vielleicht schon aufgelegt. Der weiße Robotor mit Kinderstatur wird nicht ferngesteuert, sondern wurde vorher für seine Aufgaben programmiert.

Pepper und seine Kollegen werden im Geschäft der Deutschen Telekom über kurz oder lang eine Rolle spielen. Deshalb hatte Personalvorstand Christian Illek seinen regelmäßig stattfindenden Business-Talk mit Mitarbeitern am Freitag unter das Thema „Stehlen Roboter unsere Jobs?“ gestellt.

Ein Thema, das den Beschäftigten wohl auf den Nägeln brennt. Denn mit rund 200 Teilnehmern in der Bonner Zentrale war die Veranstaltung so gut besucht wie selten, sagte Illek. Außerdem wurde die deshalb auf Englisch stattfindende Talkrunde konzernweit über das Intranet des Unternehmens übertragen.

Bei der österreichischen Telekom-Tochter ist man beim Einsatz von Robotern bereits einen Schritt weiter. Ein Chatbot namens Tinka beantwortet Kundenfragen, also ein Dialogsystem ergänzt durch künstliche Intelligenz. „Das funktioniert bei einfachen Fragen schon gut“, sagte Paul Stüfer vom Ebusiness der T-Mobile Austria. Die Telekom-Entwickler arbeiten daran, so etwas an verschiedenen Stellen im Konzern und in mehreren Ländern aufzubauen.

Ob sich zwischen Mensch und Maschine künftig eher ein Wettbewerb, weil die Maschine den Menschen an seinem Arbeitsplatz verdrängt, oder eine Zusammenarbeit entwickelt, lasse sich aus heutiger Perspektive noch nicht beantworten, meinte Illek. Bei einem Friseur oder einem kreativen Koch glaube er nicht, dass sich die Position durch eine Maschine ersetzen lasse. „Ich kann mir auch nicht vorstellen, mich bei einem Psychiater auf die Couch zu legen, der ein Roboter ist“, meinte Illek.

Für welche Tätigkeiten künftig die Unterstützung oder der Ersatz durch künstliche Intelligenz infrage komme, lasse sich heute noch nicht beantworten: „Wir müssen experimentieren, aber dürfen keine Angst haben.“ Wie ihm überhaupt wichtig ist, an das Thema optimistisch heranzugehen: „Der Einsatz von intelligenten Maschinen wird immer mehr kommen – aber dabei gilt stets, dass die Maschine für den Menschen da ist und nicht umgekehrt.“ Auch Telekom-Innovationschef Christian von Reventlow gehört schon von Berufs wegen zu den Technikoptimisten: „Wäre es nicht schön, wenn bei jeder Hotline künftig nach dem zweiten Klingeln jemand abhebt?“, fragte er in die Runde.

Ob man sich denn auch einen Roboter als Vorstandsmitglied vorstellen könne, wollte ein Mitarbeiter wissen. Für Illek ist das durchaus vorstellbar. In Hongkong gebe es bereits eine Firma, die einen Roboter als stimmberechtigtes Vorstandsmitglied habe. Von Reventlow sieht neue Entwicklungen wie das selbstfahrende Auto eher als Bereicherung des Geschäfts der Telekom, auch wenn sie selbst nicht diese Autos baue: Es bleibe den Menschen mehr Zeit zum Surfen im Internet, wenn sie selbst nicht lenken müssten.

In anderen deutschen Firmen wird die Frage, inwieweit künstliche Intelligenz menschliche Arbeit verdrängt oder lediglich verändert, durchaus unterschiedlich bewertet, hat das Meinungsforschungsinstituts TNS Infratest im Auftrag der Telekom bei 1000 Entscheidern in mittelständischen und großen Unternehmen ergeben: Rund ein Viertel sieht Roboter dabei als Bereicherung, ein Sechstel hingegen als Bedrohung. Ältere Beschäftigte empfinden die Digitalisierung am Arbeitsplatz eher als Belastung als jüngere Kollegen. Laut einer Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse fühlt sich jeder zweite Beschäftigte ab 60 Jahren durch die Digitalisierung und E-Mails im Minutentakt gestresst, während es bei den unter 30-jährigen Beschäftigten nur jeder Dritte ist.

Damit die Fähigkeiten der Mitarbeiter und die künftig benötigten Qualifikationen besser zusammenpassen, will sich die Telekom mit einem Pilotprojekt stärker auf die Umwälzungen der Arbeitswelt durch die Digitalisierung vorbereiten. Das Bonner Unternehmen erprobt ab Februar ein „Skillmanagement“. Ziel des mit dem Konzernbetriebsrat vereinbarten Pilotprojekts sei es, vorhandene Kompetenzen der Mitarbeiter in einer Konzerndatenbank zu sammeln. Weit mehr als 100 Millionen Euro gebe die Telekom jedes Jahr für die Qualifizierung von Mitarbeitern aus. Angesichts dieser Dimension sei der Ansatz, Weiterbildung künftig passgenau für Anforderungen des Unternehmens zu machen, für ihn wegweisend. Er kenne kein anderes Unternehmen, das derartig vorgehe.

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