Sondersitzung des Aufsichtsrats Die Deutsche Bahn hofft auf Milliarden

Berlin · Der Aufsichtsrat berät über einen Teilverkauf von Tochterfirmen. Pläne für eine große Privatisierung wird endgültig beerdigt.

 Neue Züge, erneuertes Trassennetz und digitale Leittechnik: Die Deutsche Bahn braucht dringend Geld für neue Investitionen.

Neue Züge, erneuertes Trassennetz und digitale Leittechnik: Die Deutsche Bahn braucht dringend Geld für neue Investitionen.

Foto: dpa

Am Mittwoch wird der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn frühere große Börsenpläne wohl endgültig zu Grabe tragen. Denn einer der beiden Programmpunkte auf einer Sondersitzung des Gremiums verändert die eigens für die 2008 vorgesehene Teilprivatisierung geschaffene Konzernstruktur. Die gesellschaftsrechtliche Trennung der Transportsparten vom staatlichen Netz wird beendet. „Mit der Aufsichtsratssitzung ist der Börsengang vom Tisch“, sagt der Sprecher der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Uwe Reitz.

Doch die Bahn braucht dringend Geld. Sie hat ein gewaltiges Investitionsprogramm in Angriff genommen, kauft neue Züge, erneuert das Trassennetz, digitalisiert die Leittechnik und verbessert die Informationssysteme für die Fahrgäste. Insgesamt gibt sie in den kommenden fünf Jahren 55 Milliarden Euro aus. 20 Milliarden bringt sie selbst auf. Der Rest kommt vom für das Schienennetz verantwortlichen Bund. Doch schon jetzt lastet ein Schuldenberg von 17,5 Milliarden Euro auf dem Unternehmen. Ohne frisches Kapital wächst dieser Berg bis 2019 um weitere fünf Milliarden Euro an.

Deshalb will Bahnchef Rüdiger Grube den Aufsichtsrat nun von einem weitaus kleineren Verkauf von Bahnbeteiligungen überzeugen. Grube will einen Minderheitsanteil an der britischen Bahntochter Arriva und an der Spedition Schenker an die Börse bringen. Das wird das Hauptthema der Sondersitzung heute sein. Setzt er sich damit durch, können die Planungen beginnen und ein Beschluss dazu vorbereitet werden. Im Herbst soll eine Entscheidung gefällt werden.

Im Frühjahr 2017 sollen dann maximal 40 Prozent von Arriva, ein Jahr später bis zu 45 Prozent von Schenker auf den Aktienmärkten platziert werden. Die Bahn legt Wert auf möglichst viele Kleininvestoren. Denn andere Unternehmen haben mit großen Kapitalanlagegesellschaften wie der amerikanischen Blackrock schlechte Erfahrungen gemacht, da diese trotz einer Minderheitsbeteiligung erheblichen Einfluss auf die Geschäftspolitik gewinnen wollen. So etwas will Grube verhindern.

Geld soll im Unternehmen verbleiben

Die Bahn könnte Schätzungen zufolge durch den Verkauf 4,5 bis fünf Milliarden Euro einnehmen. Das Geld soll im Unternehmen verbleiben, auch wenn es beim Eigentümer Bund zeitweilig Begehrlichkeiten an einer Ausschüttung gab. Das ist mit den Gewerkschaften aber nicht zu machen. „Wir tragen den Teilverkauf mit, sofern die Erlöse im Unternehmen bleiben und das Geschäft stärken“, betont EVG-Sprecher Reitz. Den Eigentümervertretern vom Bund im Aufsichtsrat wird kaum etwas anderes übrig bleiben, als dem zuzustimmen. Denn die Alternativen, die Grube präsentieren wird, sind nicht attraktiv.

Ein Investitionsstopp würde das Ziel des Unternehmens, wieder pünktlicher zu fahren und einen besseren Service zu bieten, in weite Ferne rücken lassen. Bliebe eine Kapitalerhöhung, bei der der Bund sogar noch frisches Geld in die Bahn pumpen müsste. Da erscheint ein wenig umstrittener Beteiligungsverkauf als sinnvollste Lösung. Mit den Erlösen will Grube einerseits den Schuldenberg bei rund 19 Milliarden Euro einfrieren und dafür drei Milliarden Euro verwenden. Zwei Milliarden werden direkt wieder in den deutschen Eisenbahnverkehr gesteckt.

Ähnliche politische Turbulenzen wie beim früheren Versuch einer groß angelegten Teilprivatisierung sind diesmal nicht zu erwarten. Im Grunde folgt Grube sogar den Forderungen der damaligen Kritiker und zieht sich ein Stück weit aus dem Auslandsgeschäft zurück, um im Inland das Angebot zu verbessern. Deshalb bleibt der Widerspruch gegen seine Pläne bisher auch gering.

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