Gespenstische Ruhe Der Pilotenstreik trifft Ryanair hart

Frankfurt · Ein Chaos an den Flughäfen bleibt aus, weil Passagiere rechtzeitig informiert wurden. Nach Angaben der Fluglinie lag die Anzahl europaweit betroffener Fluggäste bei rund 55 000.

 Lahmgelegt: Eine Ryanair-Maschine steht auf dem Gelände des Flughafens Bremen.

Lahmgelegt: Eine Ryanair-Maschine steht auf dem Gelände des Flughafens Bremen.

Foto: Jörg Sarbach

Hektik und Chaos in den Abflughallen in den vergangenen Tagen - man sollte meinen, ein Ryanair-Streik hätte die gleiche Wirkung. Falsch. Tagsüber am Flughafen in Frankfurt war kaum mehr ein Ryanair gestrandeter in Sicht, und die wenigen Reisenden im etwas abgelegenen Terminal zwei des Flughafens hatten überwiegend Verständnis für die streikenden Piloten.

"Piloten haben schon enormen Druck und Stress. Da finde ich es berechtigt, wenn sie für ihre Rechte auch kämpfen", sagte eine wartende Passagierin. Auch an Flughäfen wie Weeze-Niederrhein blieb es ruhig. Der überwiegende Teil der Ryanair-Flüge wurde gestrichen, es landeten oder starteten nur einige wenige Maschinen aus Ländern, die nicht bestreikt wurden.

250 Flüge sind in ganz Deutschland gestrichen worden, betroffen: rund 42 000 Passagiere. Doch nicht nur in Deutschland blieben Maschinen am Boden, auch in Belgien, Schweden, Irland und den Niederlanden legten die Piloten ihre Arbeit nieder. Nach Angaben der Fluglinie lag die Anzahl europaweit betroffener Fluggäste bei rund 55 000.

Zum größten Teil aber traf es Reisende in Deutschland. Ryanair entschuldigte sich erneut für die Störungen, die der aus ihrer Sicht "unnötige" Streik verursacht hat. Entschädigungen aber - die dürfte es für Betroffene wohl nicht geben. "Hier sehe ich für die Betroffenen keine besonders guten Aussichten", sagte der Reiserechtsexperte Tobias Ehlen von der Hochschule Worms. Verbraucherzentralen sehen das ähnlich.

Mit ihren Arbeitskampfmaßnahme wollen die Piloten in Deutschland und den anderen bestreikten Ländern bessere Arbeitsbedingungen durchsetzen, und sie fordern bessere Bezahlung. Die möchten sie in Tarifverträgen festgeschrieben sehen.

In den vergangenen Monaten hatte die Ryanair-Führung mit der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit und ihres Präsidenten, Martin Locher zwar darüber verhandelt. "Allerdings ist für uns überhaupt kein konstruktiver Wille zu erkennen, mit uns Tarifverträge abzuschließen", sagte Cockpit-Präsident Loche kurz vor den Streiks. "Lediglich die bestehenden Bedingungen ist Ryanair bereit, festzuschreiben. Das ist für uns völlig inakzeptabel".

Die Gewerkschaft möchte unter anderem erreichen, dass die Gestaltung bei manchen Gehältern sich ändert. Viele Piloten bekommen bei dem Billigflieger ein vergleichsweise geringes Grundgehalt. Der Rest, den die Piloten dann aufstocken können, bemisst sich dann an den tatsächlichen Flugstunden. Auch kritisiert die Gewerkschaft, dass einige ihrer Piloten scheinselbstständig beschäftigt sind und dadurch viele Kosten selbst tragen müssen.

Auch die Pilotengewerkschaft jedenfalls bedauerte die Unannehmlichkeiten für die Ryanair-Kunden. "Wir wollen gar nicht streiten, wir wollen Tarifverträge abschließen und wir hoffen dass das Management das versteht", sagte der Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, Janis Schmitt gestern. Ob der Arbeitskampf als Druckmittel in Zukunft wieder zum Einsatz kommt, ließ die Pilotengewerkschaft offen. Unwahrscheinlich ist sind weitere Streiks jedenfalls nicht, denn die Fronten sind auf beiden Seiten verhärtet.

So bezeichnete Ryanair-Sprecher Kenny Jacobs die Streiks im Vorfeld als "Teil eines Dramas, das nach einem Drehbuch ablaufe". Das mag sein. Als solche Szenen eines Drehbuches könnten sie aber auch in naher Zukunft wieder kehren. Die Gewerkschaft jedenfalls denkt schon in diese Richtung, sollte das Management nicht auf die Piloten zugehen.

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