Pläne der Bundesagentur Das Arbeitslosengeld gibt es bald an der Supermarkt-Kasse

Frankfurt · Die Bundesagentur für Arbeit möchte Geldautomaten in den Jobcentern einsparen. Hartz-IV-Empfänger sollen daher Geld an der Supermarktkasse abheben können. Datenschützer kritisieren die Idee, es drohe Stigmatisierung.

 Viele Zuschauer hat das Bezahlen im Supermarkt.

Viele Zuschauer hat das Bezahlen im Supermarkt.

Foto: dpa

Man stelle sich das so vor: Während die Kassiererin noch den Preis für die Tomaten auf dem Band eintippt, reicht der Kunde ihr ein Blatt hinüber. Auf dem steht, dass er von der Arbeitsagentur befugt ist, Geld abzuheben. Deswegen zahlt der Betreffende nicht die 12,50 Euro, die die Kasse anzeigt, sondern bekommt, sagen wir 37,50 Euro heraus. Damit hätte er sozusagen 50 Euro Bargeld von der Arbeitsagentur bekommen. So einfach ist das.

Deswegen kann sich die Sprecherin der Bundesarbeitsagentur in Nürnberg, Frauke Wille, für die Idee erwärmen: „Es war unser Ziel, das Ganze kostengünstiger, effizienter – und für die Menschen leichter zu gestalten.“ Der Grund, warum die Bundesagentur die Supermarktkassen nutzen will, sind also vor allem Einsparungen: 3,2 Millionen Euro haben die Automaten gekostet, die bislang in den Jobcentern stehen, 300 Stück sind es an der Zahl. Das sind in der Tat unvergleichlich viel weniger als die rund 8000 Supermärkte, deren Kassen diesen Job der Jobagentur übernehmen könnten.

Nur: Das Projekt kann auch zur Stigmatisierung von Arbeitslosengeld-Empfängern führen. „Wir haben ja nichts dagegen, dass die Bundesagentur Geld sparen will“, sagt etwa der Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. „Aber man muss bedenken, dass das ein indiskreter Vorgang ist, wenn man Geld abhebt beim Einkaufen in der Kassenschlange. Dann gucken einen die Leute an und wissen – ach, da ist jemand, der holt gerade Hartz IV ab. Das geht so nicht“.

Mit dieser Meinung steht Schneider nicht alleine da. Der Volkswirtschaftler und Sozialpolitikexperte Stefan Sell von der Hochschule in Koblenz schlägt in die gleiche Kerbe. „Das Entscheidende ist das Datenschutz-Problem. Die Leute werden an der Kasse als Hartz-IV-Empfänger erkennbar, und das verstößt eigentlich gegen Datenschutzbestimmungen“. Die Bundesagentur lässt sich von derlei Einwürfen nicht von ihrer Idee abbringen. Sie meint, dass es heutzutage auch andere Papiere gibt, mit denen man an den Supermarktkassen Geld bekommen kann, beispielsweise Erstattungen nach Online-Einkäufen.

Zudem pocht sie darauf, dass die Vorteile klar überwiegen: In Zukunft könnten die Menschen statt der 300 Geldautomaten bundesweit 8000 Geschäfte ansteuern, um beispielsweise an Vorschüsse ihrer Hartz-IV Gelder zu kommen, wenn ihnen am Monatsende das Geld ausgeht. Das trifft allerdings nicht ganz zu. Denn vor dem Gang in den Supermarkt braucht man eine Bescheinigung. Betroffene müssen also zwei Wege gehen, um an Bargeld im Supermarkt zu kommen.

Wenn sie den Weg schließlich gehen, können sie Geschäfte aufsuchen, die auch in ländlichen Gegenden zur Standard-Ausstattung gehören: Rewe, Penny, Real oder auch die Drogeriemarktketten dm und Rossmann gehören zu dem Netz, das die Bundesagentur nutzen will. Im zweiten Quartal 2018 will die Agentur das Projekt ausrollen, Ziel ist die flächenweite Einführung des Systems bis Ende 2018.

Übrigens ist der Zugang zu den Supermarktkassen nicht kostenlos für die Bundesagentur für Arbeit. Denn ein Finanzdienstleister – Cash Payment Solutions aus Berlin – ist im Hintergrund der Übermittler des Bargeldes. Und er will bezahlt sein. Nur in welcher Höhe, darüber schweigt sich die Bundesagentur aus. Das sei Vertragsangelegenheit, über die man nichts sagen könne.

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