Hauptversammlung in Bonn Covestro muss sich enttäuschten Anlegern erklären

Bonn · Nach einem schwachen vierten Quartal setzt der Kunststoffhersteller Covestro auf langfristige Profitabilität. Aktie steigt um fast vier Prozent

 Kohlendioxid zu Schaumstoff: Covestro produziert unter anderem Dämmmaterial, das CO2 als Komponente verwendet.

Kohlendioxid zu Schaumstoff: Covestro produziert unter anderem Dämmmaterial, das CO2 als Komponente verwendet.

Foto: Covestro

Seinen Start als Vorstandschef von Covestro hätte Markus Steilemann sich sicherlich angenehmer vorstellen können. Der Kunststoffhersteller, hervorgegangen aus dem Bayer-Konzern, musste im vergangenen November eine Gewinnwarnung herausgeben, der Aktienkurs sackte auf fast 41 Euro, nach einem Hoch von 95 Euro zu Jahresbeginn 2018. „Schön war das nicht, was wir gesehen haben“, erklärte Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), am Freitag auf der Hauptversammlung von Covestro im WCCB in Bonn.

Steilemann, selbst promovierter Chemiker, der seit Juni 2018 das Unternehmen leitet, sieht Covestro auf einem „langfristigen und profitablen Wachstumskurs“. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) soll 2019 zwischen 1,5 und zwei Milliarden Euro liegen. 2018 betrug diese Kennziffer immerhin noch 3,2 Milliarden Euro, allerdings war auch das bereits ein Minus von knapp sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr. Verhagelt hatte die Bilanz das vierte Quartal. Das Ebitda krachte um 67 Prozent ein. Gründe waren gesunkene Verkaufspreise bei gleichzeitig gestiegenen Rohstoffpreisen, auch der niedrige Rheinpegel wurde zum Problem. Die Anleger wollten nun in Bonn erfahren: Ist das nur eine kurze Delle oder durchläuft Covestro ein tiefes Tal, bei dem die Sohle noch gar nicht erreicht ist?

Rekord-Einzelinvestition von 1,5 Milliarden Euro

Steilemanns Antwort: Der Konzern, der weltweit 16.800 Beschäftigte hat, will die Verwaltung verschlanken, seine Vertriebsstrukturen straffen und dabei von der Digitalisierung profitieren. Inzwischen können Kunden auf der chinesischen Onlineplattform Alibaba ordern, und ein im März eröffneter „Covestro Direct Store“, der später auch externen Anbietern offenstehen könnte, dient ebenfalls dem Verkauf.

Außerdem will Covestro unabhängiger von Wirtschaftszyklen werden. Innovationen spielen dabei eine wichtige Rolle. So investieren die Leverkusener 1,5 Milliarden Euro in eine neue MDI-Anlage im US-amerikanischen Baytown. Es wird die bisher größte Einzelinvestition Covestros. MDI bezeichnet chemische Verbindungen, aus denen etwa Weichschäume oder Klebstoffe hergestellt werden. Weitere 100 Millionen Euro fließen in eine Anlage in Thailand, wo Spezialfolien für Ausweisdokumente, Smartphonegehäuse und Innenräume von Autos produziert werden.

Laut Finanzvorstand Thomas Toepfer fühlt sich der Vorstand „der Politik einer mindestens stabilen oder steigenden Dividende verpflichtet“. In diesem Jahr schüttet Covestro pro Aktie 2,40 Euro aus, 2018 waren es 2,20 Euro gewesen. Auch stimmten die Aktionäre dem Antrag zu, weitere zehn Prozent des Grundkapitals in Form von Aktien zurückzukaufen. Bis zum Nachmittag stieg die Aktie um fast vier Prozent auf 55,70 Euro.

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