Für VW-Anleger in Vorkasse Bonner Unternehmen Foris finanziert Gerichtsprozesse

Bonn · Das Bonner Unternehmen Foris finanziert teure Prozesse, die sich die Kläger nicht immer selbst leisten können. Im Erfolgsfall zahlen die Kunden eine Beteiligung.

Ein Student entwickelt eine Idee: Eine Tischplatte, für die jeder die Beine schon zu Hause hat. Es geht um Flaschen mit Schraubverschluss, die in die Tischplatte gedreht werden können. Mit seiner Idee geht der Student zu einem großen Möbelhaus. Das Unternehmen lehnt ab: uninteressant. Wenige Monate später bringt das Möbelhaus genau diese Tischplatte auf den Markt und verkauft große Stückzahlen.

Der Student nimmt sich einen Anwalt. Der rät ihm zu einer Klage. Doch das Problem sind die Kosten – Anwaltskosten und im Fall einer Niederlage die Prozesskosten. An dieser Stelle kommt das Bonner Unternehmen Foris ins Spiel. Der Prozesskostenfinanzierer übernimmt das Risiko für den Studenten und bezahlt den Anwalt. Am Ende gewinnt der Student den Prozess. Das Möbelhaus muss die Tischplatte vom Markt nehmen und zahlt dem jungen Mann mehrere Hunderttausend Euro. Foris erhält eine Prämie.

Die Geschichte, die der Rechtsanwalt und Aufsichtsratsvorsitzende Christian Rollmann erzählt, ist erst ein paar Jahre her. Trotzdem ist sie auch für den Foris-Vorstandsvorsitzenden Hanns-Ferdinand Müller neu. Denn er führt das Unternehmen erst seit Mitte Februar: „Ich muss noch viele solcher Geschichten kennenlernen.“ Müller sieht in dem, was Foris macht, ein großes Wachstumspotenzial.

Gerade in diesem Jahr hat Foris bereits ein paar große Fische an der Angel. Stichwort: VW-Skandal. Denn der Prozesskostenfinanzierer hat einige größere Anleger als Kunden, die durch den Diesel-Skandal Schaden erlitten haben. „Da geht es um einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe“, erklärt der Manager, der vorher für RWE, Kienbaum und die WestLB tätig war. Allein die Tatsache, dass Foris die VW-Anleger finanziert, zeigt auch, dass sie große Aussichten auf Erfolg haben. Denn die Bonner prüfen sehr genau, wessen Risiko sie übernehmen: Ein Gremium beschäftigt sich mit den Chancen einer Klage.

Erfolgsquote von 60 Prozent

Nur wenn das Gremium sagt „Wir sind uns einig, dass wir gewinnen“, geht Foris für die Kunden in Vorkasse. „Unsere Erfolgsquote liegt bei über 60 Prozent“, erklärt Müller. Die Erfolgsbeteiligungen, die die Bonner einstreichen, liegen bis zu einem Betrag von 500 000 Euro bei 30 Prozent. Liegen die Beträge darüber, wird jeder weitere Euro mit 20 Prozent abgerechnet. Das heißt, hätte der Student 500 000 Euro Schadenersatz erhalten, hätte Foris 150 000 Euro eingenommen.

Foris finanziert Prozesse ab einem Streitwert von über 100 000 Euro. Oft könnten sich die Kläger das selbst nicht leisten, weil die herkömmliche Rechtsschutzversicherung in einigen Bereichen nicht greifen, so Müller – zum Beispiel bei Verlags-, Patent- oder Erbrecht. „Wenn sich jemand um eine Immobilie von einer halben Million Euro streiten will, kommen da schnell Kosten im Wert von über 100 000 Euro zusammen“, führt Müller aus – für Gerichtskosten, den Anwalt und den Gutachter.

Foris übernimmt für den Kläger auch das Risiko: Das heißt, wenn der Kunde verliert, zahlt Foris alles. Allerdings darf Foris nicht beraten. Das heißt, der Kläger muss sich erst einen eigenen Anwalt suchen.

Junge Branche mit Potential

Die Branche der Prozesskostenfinanzierung ist in Deutschland noch recht jung. Foris hat diese Dienstleistung Ende der 90er Jahre etabliert. Mittlerweile gibt es noch weitere Anbieter auf dem Markt. Derzeit beschäftigt Foris insgesamt 36 Mitarbeiter.

Der Umsatz lag im vergangenen Jahr bei 18,4 Millionen Euro und damit leicht unter dem Umsatz noch ein Jahr zuvor mit rund 19,9 Millionen Euro. 2014 waren es 17,1 Millionen Euro. Die Schwankungen seien nicht ungewöhnlich, so Müller. Das Unternehmen hänge natürlich stark davon ab, welche Fälle im Laufe des Jahres bearbeitet werden. I

nsgesamt stünden die Zeichen auf Wachstum, so der Chef des börsennotierten Unternehmens, das sich seit Jahren in der Gewinnzone befindet. Nicht nur, weil Foris mit einem neuen Geschäftszweig den Wettbewerbern wieder einen Schritt voraus sein möchte. Seit 2016 bietet Foris Kunden zusätzlich an, einen Teil der streitigen Forderungen bereits vor Gerichtsurteil auszuzahlen. Damit hofft Müller auf noch mehr Fälle. Dazu verkauft das Unternehmen Vorratsgesellschaften. Das sei ein konjunkturabhängiger Bereich, der im Moment sehr gut laufe.

Müller folgt auf die beiden Vorstände Theo Paeffgen und Ralf Braun, die laut Unternehmen zum 30. Juni und zum 31. Dezember mit Ablauf ihrer Verträge ausscheiden. Einen zweiten Nachfolger im Vorstand sucht Foris noch.

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