Arbeitsagentur Mayen auf Lehrstellensuche

238 Betriebe von Bad Neuenahr-Ahrweiler bis Andernach durchleuchtet

Arbeitsagentur Mayen auf Lehrstellensuche
Foto: Martin Gausmann

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Am Schreibtisch sitzen und geduldig abwarten, ob jemand anruft und einen Ausbildungsplatz anbietet - das ist die falsche Taktik.

Schon lange hat die Agentur für Arbeit Mayen (AAM) das erkannt. Aktive "Kaltakquise" heißt daher seit einigen Jahren das Motto, um unschlüssige Unternehmer und Handwerker durch persönliche Ansprache dazu zu bewegen, doch noch den einen oder anderen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.

Am "Tag des Ausbildungsplatzes" hatte die AAM deshalb 13 Mitarbeiter abgestellt, um in ihrem Bezirk auf die Suche nach zusätzlichen Lehrstellen zu gehen. Wenige Wochen vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres bekamen 238 Betriebe von Bad Neuenahr-Ahrweiler bis Andernach Besuch oder einen Anruf der Arbeitsmarktexperten.

19 zusätzliche Lehrstellen kamen auf diese Weise noch für das kommende Ausbildungsjahr zusammen, 50 weitere wurden bereits für 2009/2010 akquiriert. "Natürlich haben wir für diese Stellen einen hohen Aufwand betrieben", räumt Margarete Spurzem, die Leiterin des Arbeitgeberservice, ein. "Aber 19 zusätzliche Ausbildungsplätze bedeuten auch, dass 19 junge Leute eine Chance für ihre berufliche Zukunft bekommen, die sonst vermutlich leer ausgegangen wären."

Fast alle der 20 Mitarbeiter der Abteilung Arbeitgeberservice der AAM waren im Einsatz, wobei acht sich am Telefon die Finger wund tippten und fünf zu den Unternehmen fuhren. Einer von ihnen war Alfred Schmidt. Der General-Anzeiger begleitete ihn auf seiner Tour durch die Kreisstadt. In mindestens zehn Betrieben wollte er an diesem Tag versuchen, mit dem Chef persönlich ins Gespräch zu kommen.

"Durch den persönlichen Kontakt kommt man eher ins Geschäft", weiß er aus Erfahrung, denn schließlich macht er das schon seit fünf Jahren. Als Ausgangspunkt seiner Aktivitäten hatte sich Schmidt das Mittelzentrum ausgewählt. Bei Paul Nett von Intersport Nett kommt Schmidt zu spät mit seinem Anliegen: "Am Dienstag Nachmittag um 17 Uhr unterschreibe ich einen neuen Ausbildungsvertrag, dann haben wir hier vier Auszubildende im Betrieb", bringt Nett den Mann von der Arbeitsagentur zum Lächeln.

Ohnehin stellt Nett jedes Jahr neue Auszubildende ein, braucht allerdings keine Hilfe bei der Vorauswahl der Bewerber durch die Arbeitsagentur. Auch dies ist ein neues Angebot, um interessierten Unternehmern ein wenig Arbeit abzunehmen. Dennoch findet es Nett "vorbildlich, dass sich die Arbeitsagentur jetzt so dienstleistungsorientiert aufstellt".

Und auch für seine Auszubildenden hat er ein lobendes Wort übrig: "Die Jugendlichen sind gar nicht so schlecht, wie man sie mitunter darstellt." Er warnt auch davor, den Schulnoten eine zu hohe Bedeutung zukommen zu lassen. Ähnlich sieht es auch Ellen Franke vom Einrichtungshaus Franke, die zurzeit unter ihren 17 Mitarbeitern zwei Auszubildende in den Berufen Einzelhandelskaufmann und Bürokaufmann hat.

"Die Schulnoten müssen zwar in den Grundzügen stimmen, für mich ist aber das persönliche Auftreten wichtiger", sagt sie. Kommunikativ müsse der künftige Auszubildende sein, ein gepflegtes Erscheinungsbild abgeben und nicht schon beim Vorstellungsgespräch mit schief aufgesetzter Baseballmütze aufkreuzen. Inzwischen stelle sie ihre Auszubildenden ohnehin nur noch nach Praktika in der Firma ein. In dieser Zeit könne man schon einiges über seine künftige Leistungsfähigkeit erkennen.

Ohne Praktikum geht auch bei Monika Bielinsky vom Electronic-Partner Bielinsky nichts in Sachen Ausbildungsvertrag. Bei ihr fängt am 1. August der vierte Auszubildende an, insgesamt sind im Unternehmen in Bad Neuenahr zwölf Mitarbeiter und vier Familienangehörige beschäftigt. Mehr Auszubildende könne sie nicht einstellen, da die ja auch betreut werden müssten, selbst wenn sie nur an zwei oder drei Tagen in der Woche tatsächlich im Geschäft seien.

Unter ihren Angestellten seien praktisch nur Leute, die sie selbst ausgebildet habe. Sogar der Filialleiter in Bonn und sämtliche Abteilungsleiter im Hause seien "aus eigener Zucht", schmunzelt sie. So gut wie alle Auszubildenden würden nämlich im Anschluss auch übernommen.

Alfred Schmidts "Appell an das gute Herz des Arbeitgebers" fällt schließlich bei Tischlermeister Thomas Nelles auf fruchtbaren Boden. "Dieses Jahr sind wir schon ausgebucht, aber nächstes Jahr könnten wir eventuell noch einen Auszubildenden dazu nehmen", sagt der Lehrlingswart der Tischlerinnung, der bislang schon zwei Auszubildende mit seinem insgesamt zehn Mann großen Betrieb beschäftigt.

Er verlangt von seinen Azubis "ein gutes Mittelmaß", was man aber nicht nur an den Noten festmachen könne. "Ein Praktikum vorher ist Pflicht, damit man sieht, ob derjenige überhaupt für den Beruf geeignet ist", sagt er. Dabei habe es schon einige Überraschung gegeben, etwa wenn ein ansonsten sehr gut geeigneter Kandidat auf die Lack-Dämpfe in der Tischlerwerkstatt allergisch reagiert habe.

Wichtig sei für ihn aber auch das Elternhaus, das hinter dem künftigen Auszubildenden stehe, sowie das allgemeine Verhalten und das Auftreten den Kunden gegenüber. Nelles macht deutlich, dass "jeder Arbeitgeber, der einen Auszubildenden beschäftigt, damit auch eine soziale Verantwortung übernimmt".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort