Styropor-Müll in Bonn und der Region 500 Euro für zwei Säcke Abfall

Bonn · Seit Oktober gelten Dämmstoffe aus Styropor als Giftmüll. Vor allem im Rhein-Sieg-Kreis macht die Entsorgung Probleme. Die Preisunterschiede in der Region sind beträchtlich.

 Dauerbaustelle: Thomas Meyer aus Sankt Augustin wird seine Styroporabfälle nicht los.

Dauerbaustelle: Thomas Meyer aus Sankt Augustin wird seine Styroporabfälle nicht los.

Foto: Holger Arndt

Zwei blaue Müllsäcke stehen seit den Herbstferien in Thomas Meyers Garage. Die Abfälle aus Styropor-Dämmplatten hätte der Sankt Augustiner nach der Renovierung eines Zimmers gerne fachgerecht entsorgt. Bloß: Wie? Seit Wochen liefert Meyer sich Schriftwechsel mit Rhein-Sieg-Kreis, Müllabfuhr und sogar Bezirksregierung. „Zuletzt wurde mir angeboten, die zwei Müllsäcke zur Rhein-Sieg-Abfallgesellschaft nach Eitorf zu bringen“, sagt er. Der Haken: „Dafür hätte ich die Pauschale von 500 Euro für Abfälle dieser Art unter einer Tonne zahlen müssen – ein totaler Witz.“ So warten die Müllsäcke erst einmal weiter in der Sankt Augustiner Garage darauf, dass sich irgendwer zwischen Brüssel, Berlin, Düsseldorf und Sankt Augustin dafür zuständig fühlt, die aktuelle Entsorgungsmisere zu beenden.

Seit Oktober sorgt eine vom Bundesrat beschlossene Neuerung infolge einer EU-Regelung für Verdruss bei Verbrauchern und Handwerkern. Dämmplatten aus Styropor, die mit dem Brandschutzmittel HBCD behandelt wurden, gelten seitdem als giftiger Sondermüll. Bundesweit nehmen viele Müllverbrennungsanlagen das Material nicht mehr an. Verbraucher und vor allem Handwerker werden seitdem ihre Abfälle aus Styropor nicht mehr los oder klagen über horrende Gebühren. Jedes Bundesland und jede Kommune hat eigene Strategien für ihre Styropor-Misere entwickelt. Die Umweltminister der Bundesländer haben das Problem diskutiert – ohne eine bundesweite Lösung zu finden. Bis die erreicht ist, tobt das Styropor-Chaos weiter. Echte Lösungen sind selten.

Im Rhein-Sieg-Kreis kann laut Abfallgesellschaft RSAG seit November an allen Standorten das schadstoffhaltige Material abgegeben werden. Allerdings nehmen die Müllkippen die giftigen Styroporplatten nur gemischt mit Bauschutt an. Maximal ein Viertel der Menge dürfen die Platten ausmachen. „Das kommt natürlich nicht für jeden infrage“, räumt RSAG-Pressesprecher Joachim Schölzel ein. Auch die Thomas Meyer genannte Pauschale von 500 Euro sei keine Lösung. Den hohen Preis begründete er mit den Gebühren der Müllverbrennungsanlagen. Da der Rhein-Sieg-Kreis keine Verbrennungsanlagen betreibe, müsse man sich nach den Nachbarn richten, „keiner hat derzeit eine klare Linie“. Die Chancen für den Sankt Augustiner Meyer, die Müllsäcke aus seiner Garage loszuwerden, stehen daher bei der RSAG schlecht. „Wir können nur darauf hoffen, dass die Politik eine andere Regelung schafft“, so Schölzel.

In Bonn können Bürger und Unternehmer nach Auskunft des Müllentsorgers Bonnorange zwar ihre schadstoffhaltigen Styroporplatten loswerden. Vor der Entsorgung steht allerdings die Bürokratie, falls es sich um mehr als eine Kofferraumladung handelt: „Vor der Abladung an der Müllverbrennungsanlage muss bei der bonnorange AöR eine Abladegenehmigung eingeholt werden“, teilt der Entsorger mit. Die Abgabe müsse „in enger Abstimmung mit der Müllverbrennungsanlage terminiert werden“. Wer nur wenige Platten hat, wird sie allerdings zum Schnäppchenpreis los: Fünf Euro verlangt Bonnorange für eine Kofferraumladung. Eine Chance für Thomas Meyer? Nein, Bonnorange fordert eine „nachgewiesene Herkunft der Abfälle aus Bonn“.

Für den Hennefer Dachdecker Josef Schorn ist die Styropor-Krise nicht nur ärgerlich, sondern geschäftsschädigend. Zwei Aufträge zur Dachsanierung hat der Handwerker bereits zurückgestellt, weil er nicht weiß, wie er die alten Dämmplatten entsorgen soll. „Die Abfuhrunternehmen nehmen die Platten nur unter Vorbehalt mit und schließen hohe Nachzahlungen nicht aus“, sagt der Handwerker. „So können wir als Betriebe nicht rechnen.“ Auch für Hausbesitzer sei die Neuregelung fatal: „Die Leute haben undichte Dächer und finden keinen Handwerker, der die Sanierung übernimmt“, sagt der Hennefer.

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