Fernbusse in der Region „Wichtiger als die Haltestelle ist der Preis“

Bonn · Während der Postbus von konstanten Fahrgastzahlen ab Bonn spricht, steigen bei Mein Fernbus/Flixbus mehr Kunden zu.

Es zieht wie Hechtsuppe. Der Wind pfeift durch die Rabinstraße und die Thomastraße am Alten Friedhof. Am Bonner Fernbushalt stellen sich die Fahrgäste schutzsuchend an das Wartehaus. Doch das hilft wenig. Ein Wandelement ist herausgebrochen. Eine Mutter hält ein Baby auf dem Arm, das in eine Decke gewickelt ist, und sucht in der benachbarten Telefonzelle nach etwas mehr Wärme, doch auch das nützt nicht viel. Eine Glaswand der Telefonzelle ist herausgebrochen.

„So ähnlich sieht es aber in vielen Städten aus“, sagt Maren Krug aus Berlin, die häufiger Fernbus fährt. Wer mit dem Fernbus fährt, erwartet einen günstigen Preis, aber keinen Luxus an der Haltestelle. „Wichtiger als die Haltestelle ist der Preis“, sagt Krug.

Im vergangenen Herbst hat MeinFernbus/Flixbus Kunden zu ihrer Meinung zu einzelnen Fernbushaltestellen befragt. Bonn wurde mit einer 3,5 bewertet (4,0 für die Ausstattung und 3,0 für den Standort) und landete damit auf Platz 70 von insgesamt 73 bewerteten Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Am häufigsten bemängelten die Befragungsteilnehmer das Fehlen von überdachten Unterständen.

„Schön ist er wirklich nicht“, sagt Post-Sprecher Alexander Edenhöfer über den Bonner Fernbus-Haltepunkt. Keine Toiletten oder Einkaufsmöglichkeiten, wenig Gelegenheit zum Unterstellen das seien für Fahrgäste natürlich Minuspunkte.

Wohin wird der Haltepunkt verlegt?

Bei der Post-Tochter Postbus wartet man auf eine Entscheidung der Stadt, wohin der Haltepunkt in der Bonner Innenstadt ab Mai verlegt werden soll. „Wir haben lange nichts mehr gehört“, sagt Edenhöfer.

Es sei wünschenswert, dass die Stadt zügig Gespräche mit den Anbietern darüber aufnehme, wo die Busse ab Mai hinfahren sollen, denn der bisherige Haltepunkt zwischen Thomastraße und Bahnlinie steht wegen Abrissarbeiten im Zuge der Sanierung der Viktoriabrücke nicht mehr zur Verfügung. Die Fläche benötigt die Stadt zur Baustelleneinrichtung.

Die liebste Alternative wäre für die Verantwortlichen beim Postbus eine Haltemöglichkeit am Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB). „Eine gute Infrastruktur ist wünschenswert“, sagt Edenhöfer. Falls Fahrgäste warten müssten, könnten sie etwas einkaufen.

Notfalls findet die Post immer noch einen Halt an der Bushaltestelle am Stadtbahnhof Ramersdorf in Beuel akzeptabel. Für diesen Halt hatte die Post sich früher eingesetzt. Nachteil: Der Platz ist weit vom Zentrum entfernt.

An den zwei Bonner Haltepunkten, der zweite ist am Posttower, sind die Fahrgastzahlen nach Angaben Edenhöfers stabil. Genaue Zahlen gibt die Firma nicht bekannt. Die Konkurrenz der Anbieter ist hart, niemand will den Wettbewerber mit guten Zahlen auf den Plan rufen.

Die Kölner Stadtverwaltung hat die bisherigen Haupthaltestelle am Breslauer Platz gesperrt, um Verkehr aus der Innenstadt herauszukommen. Die Verlagerung der Kölner Fernbushaltepunktes an den Flughafen hat für den Postbus keine Konsequenzen der Kölner Fahrgastzahlen geführt. „Weder mehr noch weniger Fahrgäste“ kann das Unternehmen ausmachen, sagt Edenhöfer. Am Flughafen sehe der Haltepunkt wesentlich netter als als in Bonn und sei überdacht.

Es sei allerdings möglich, dass es zu einer Verlagerung der Fahrgastströme gekommen sei: Mehr Fahrgäste aus dem rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis, weniger aus Köln. In Köln hatte der Postbus seinen Haltepunkt zuvor nicht am Breslauer Platz, sondern an der Gummersbacher Straße in Deutz. Anbieter wie der fusionierte Marktführer MeinFernbus/Flixbus hatte zuvor am zentralen Breslauer Platz hinter dem Hauptbahnhof gehalten. Die Verlagerung an den Flughafen hatte MeinFernbus/Flixbus nicht mitgemacht und war statt dessen nach Leverkusen ausgewichen.

13 Fernbusverbindungen von MeinFernbus/FlixBus über Bonn

MeinFernbus/Flixbus verzeichnet derzeit etwas mehr Fahrgäste Fahrgäste als früher, die ab Bonn oder Düsseldorf verreisen, „Wir sind mit dem Fahrgastinteresse an Tickets von und nach Bonn sehr zufrieden“, sagt Sprecherin Marie Gloystein. Genaue Fahrgastzahlen sind auch hier Fehlanzeige. Derzeit verkehren 13 Fernbusverbindungen von MeinFernbus/FlixBus über Bonn, täglich finden bis zu 30 An- und Abfahrten statt.

Das Mehr an Kunden in Bonn führt Gloystein auf die Situation auf dem Kölner Markt zurück. . „Durch die Sperrung und Verlegung des Kölner Fernbushaltes sind unsere Fahrgastzahlen signifikant gesunken“, sagt Gloystein. Das Unternehmen sei gezwungen, in diesem Frühjahr rund 20 Prozent des Angebotes auf den Verbindungen von, nach und über Leverkusen zu streichen.

Das Unternehmen sei aber zuversichtlich, das für dieses wichtige Thema in den kommenden Monaten „eine gemeinsame und praktikable Lösung“ mit der Stadt Köln gefunden werde.

Derzeit führe man gute Gespräche mit Politik, Verwaltung und weiteren wichtigen Entscheidern über eine alternative Fernbushaltestelle im Kölner Innenstadtbereich. Auch über einen Halt in Troisdorf führt das Unternehmen Gespräche.

Insgesamt ist der deutsche Fernbusmarkt 2015 weiter gewachsen. Um rund 25 Prozent hat der Marktzugelegt, hat das Iges-Institut ermittelt. 326 Linien gibt es in Deutschland. 20 Millionen Passagiere sind 2015 Fernbus gefahren. 2014 waren es knapp 16 Millionen.

Anbieter bauen internationales Liniennetz aus

Das Wachstum werde auch in der Anzahl der wöchentlichen Fahrten sichtbar, die seit Beginn des Jahres bundesweit um mehr als 2.000 auf rund 9.300 zunahmen. Insgesamt hat sich das Angebot gemessen an Linien und Fahrten seit der Liberalisierung des Marktes zum Januar 2013 mehr als verfünffacht, so das Iges-Institut.

Nahezu unverändert blieben 2015 die Marktanteile der größten Anbieter. Marktführer gemessen an Fahrplankilometern ist weiter das Unternehmen MeinFernbus Flixbus mit einem Marktanteil von 73 Prozent, gefolgt von dem Postbus (elf Prozent) sowie den Busmarken der Deutschen Bahn, BerlinLinienBus und IC Bus, mit zusammen sechs Prozent Marktanteil. Das aus Großbritannien stammende Busunternehmen Megabus erreicht bereits nach wenigen Monaten einen Marktanteil von drei Prozent.

Zunehmend bauen die Anbieter auch das internationale Liniennetz aus. Von Bonn kommt man regelmäßig nach Paris: Erst vergangenen August hat Frankreich den Fernbusverkehr freigegeben. Dorthin will Javier aus Madrid, den ein Bonner Freund mit dem Auto zur Bonner Haltestelle gebracht hat. Gemeinsam warten sie entspannt im Auto: „Standheizung“, lacht Javier.

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