Interview mit Georg Tacke „Es geht nicht mehr nur um den Preis“

Bonn · Das Internet ist nach Einschätzung von Georg Tacke, Geschäftsführer der Bonner Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners, mittlerweile nicht mehr in erster Linie Eldorado für Schnäppchenjäger.

Der Bonner Unternehmensberater Georg Tacke ist Spezialist für Preisbildung.

Der Bonner Unternehmensberater Georg Tacke ist Spezialist für Preisbildung.

Manche Internethändler ändern ihre Preise mehrmals am Tag. Was hat das für Folgen?

Tacke: Das macht für die Unternehmen vor allem bei knappen oder verderblichen Waren Sinn. Wenn ein Flugzeug fast ausgebucht ist, kann die Airline die letzten Sitze teurer verkaufen. Wir warnen allerdings davor, diese dynamische Preisgestaltung unüberlegt einzusetzen. Bei ständig wechselnden Preisen könnten die Kunden auf neue Rabattierungen warten und mit Kaufentscheidungen länger zögern. Große Anbieter wie Amazon, die ihre Kundendaten akribisch auswerten, können allerdings von dieser Strategie profitieren.

Wie tun sie das?

Tacke: Manche Anbieter kennen die Zahlungsbereitschaft ihrer Kunden genau. Flüge können daher tagsüber, wenn Geschäftsreisen gebucht werden, teurer sein als abends, wenn Verbraucher im Netz auf die Suche nach Schnäppchen gehen.

Gleichzeitig macht das Internet aber die Preise vergleichbarer.

Tacke: Die Preistransparenz ist in der Tat sehr hoch. Auch wenn inzwischen vielen Verbrauchern bewusst ist, dass Platzierungen auf Preisvergleichsportalen wie auch bei der Suchmaschine Google zum Teil von Firmen gekauft wurden und daher nur bedingt aussagefähig sind. Wichtiger als die Preistransparenz sind aber Nutzen- und Leistungstransparenz. Ob Hotelzimmer, Taxiservice oder Fernsehgerät: Beim Kauf im Internet erhält der Kunde immer eine Bewertung über das Produkt oder die Dienstleistung. Also wird es in Zukunft fast unmöglich sein, Kunden „über den Tisch zu ziehen“. Das sind gute Nachrichten für den Kunden, aber auch für den Händler. Denn ein Anbieter mit hervorragenden Bewertungen kann auch höhere Preise erzielen.

Wie gehen Unternehmen mit der Umsonst-Kultur im Internet um?

Tacke: Es gelingt heute schon besser als vor einigen Jahren, Gebühren für Dienstleistungen im Internet zu verlangen. Oft funktioniert das so genannte Freemium-Modell. Basisfunktionen sind kostenlos, für zusätzliche Angebote muss der Nutzer zahlen. Nach diesem Modell funktionieren zum Beispiel berufliche Online-Netzwerke wie LinkedIn.

Also geht es im Netz nicht mehr nur ums Sparen?

Tacke: Nein, das hat sich in den letzten ein bis zwei Jahren geändert. Bei Online-Käufen geht es den Kunden oft nicht mehr nur um den niedrigsten Preis. Vielmehr spielen Bequemlichkeit und Zusatznutzen eine wichtige Rolle. Im Internet bestellte Waren werden nach Hause geliefert.

Was unterscheidet die Preisgestaltung im Internet von der im Ladengeschäft?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Schwere Belastung
Kommentar zur Klage gegen Solarworld in den USA Schwere Belastung