Mitarbeiter-Proteste bei Post-Hauptversammlung

Frankfurt/Main/Bonn · Die Deutsche Post will trotz des harten Tarifkonfliktes um Konzernstruktur und Gehälter an ihrem Sparkurs festhalten. "Unsere Personalkosten sind auf Dauer nicht wettbewerbsfähig", sagte Post-Chef Frank Appel bei der Hauptversammlung laut Redemanuskript.

Es soll gegen den Umgang des Logistikkonzerns mit seinen Mitarbeitern demonstriert werden. Foto: Arno Burgi/Archiv

Es soll gegen den Umgang des Logistikkonzerns mit seinen Mitarbeitern demonstriert werden. Foto: Arno Burgi/Archiv

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"Unsere langjährige Tarifstruktur geht noch auf Behördenzeiten zurück. Sie sind heute nicht mehr markt- und zeitgemäß." Appel bestätigte die Gewinnziele der Post für 2015 von gut drei Milliarden Euro. Die Aktionäre beschlossen wie von Appel vorgeschlagen, die Dividende um 0,05 Euro auf 0,85 Euro zu erhöhen, wie die Post mitteilte. Vorstand und Aufsichtsrat seien mit großer Mehrheit entlastet worden.

Vor der Halle demonstrierten nach Angaben der Gewerkschaft Verdi mehrere Tausend Postmitarbeiter gegen die Geschäftspolitik. Von den schon seit Anfang April laufenden Streiks waren nach Unternehmensangaben am Mittwoch 38 von 49 Briefniederlassungen und rund 5500 Mitarbeiter betroffen. Etwa sechs Prozent der Briefe und Pakete würden einen Tag später zugestellt, erklärte das Unternehmen.

Die Konzernführung versucht, die hohen Kosten bei der Zustellung im Inland zu senken, indem Zusteller für weniger Gehalt in eigens gegründeten regionalen Paketzustellungsgesellschaften eingestellt werden. Dieses Vorgehen sorgt bei der Gewerkschaft Verdi seit Monaten für Empörung. Sie wirft der Post Vertragsbruch und Flucht aus dem Haustarifvertrag vor.

Für zusätzliche Aufregung sorgte ein vom Unternehmen bestätigter Bericht des "Tagesspiegel" (Mittwoch) über polnische Aushilfszusteller bei der Post. Ein Verdi-Sprecher nannte das "beispiellos skandalös". Die Post versuche, den Arbeitskampf im eigenen Land durch ausländische Kräfte zu unterwandern.

Ein Post-Sprecher bestätigte, dass das Unternehmen neben Mitarbeitern mit Wohnsitz in Deutschland in einzelnen Bereichen von Berlin aktuell auch Kollegen der Post-Tochter DHL Paket aus dem benachbarten Polen einsetze. Dies seien erfahrene Zusteller und keine externen, sondern Post-Mitarbeiter. Sie erhielten für die Zeit des Einsatzes denselben Tariflohn wie ihre deutschen Kollegen, betonte der Sprecher. Grund für den Einsatz seien das hohe Paketaufkommen in den vergangenen Tagen speziell für die Region Berlin und die letzten Nachwirkungen der vergangenen Streiks.

In dem langwierigen Tarifkonflikt verlangt die Gewerkschaft für die rund 140 000 Beschäftigten eine Verkürzung der Wochenarbeitszeiten auf 36 Stunden mit vollem Lohnausgleich sowie 5,5 Prozent mehr Geld. Die entsprechenden Regelungen aus dem Entgelttarifvertrag sind zum 31. Mai 2015 gekündigt. Die fünfte Verhandlungsrunde in dem Tarifkonflikt war ohne sichtbare Fortschritte zu Ende gegangen. Die Gespräche sollen nun am 1. und 2. Juni in Berlin fortgesetzt werden.

In dem neuen Paketzustellernetz mit 49 regionalen Gesellschaften arbeiten bereits mehr als 6000 Menschen, darunter viele ehemals befristet Beschäftigte der Post. Bezahlt werden sie zu niedrigeren Löhnen.

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