Deutsche-Bank-Prozess Harte Wortgefechte und Vorwürfe

MÜNCHEN · Im Betrugsprozess machen die Verteidiger der fünf Angeklagten Druck auf die Staatsanwaltschaft. Ermittler müssen Akten nachreichen.

Noch keine Minute ist im Betrugsprozess gegen fünf Topmanager der Deutschen Bank verhandelt worden, da fliegen am Landgericht München verbal bereits die Fetzen. Verteidiger der fünf angeklagten Topbanker, darunter der Co-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, fordern eine Ablösung von Oberstaatsanwältin Christiane Serini als Anklägerin und bezichtigen die Staatsanwaltschaft, entlastendes Beweismaterial zu unterdrücken. Die konterte am zweiten Prozesstag mit dem Vorwurf, die Deutsche Bank selbst habe Ermittlungen nach Kräften verschleppt, weshalb Beweise teils relativ spät auf den Tisch gekommen seien.

Vor allem Fitschen sei die Verzögerungstaktik anzulasten, betont Staatsanwalt Stephan Necknig. Anwälte der ebenfalls auf der Anklagebank sitzenden Deutschen Bank weisen diesen Vorwurf ebenso zurück wie Staatsanwälte den, Entlastungsbeweise zu unterdrücken.

Nach einer Verhandlungspause beruhigen sich die Gemüter. Serini bleibt im Team der Ankläger. Der Prozesstag kommende Woche wird gestrichen. Die Staatsanwaltschaft gelobt, Akten zügig nachzuliefern. Der zeitweise gefährdet scheinende Prozess geht weiter. "Wir wollen alles, bloß keine Aussetzung des Verfahrens", betont Fitschen-Anwalt Hanns Feigen.

Das Verfahren ist nicht wie andere und das hat nicht nur mit der prominent besetzten Anklagebank zu tun. Neben Fitschen und seinen Vorgängern als Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann und Rolf Breuer, sitzen dort Ex-Aufsichtratschef Clemens Börsig und Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck.

Sie sollen in einem vorangegangenen Schadenersatzprozess der Erben von Pleitier Leo Kirch das Oberlandesgericht (OLG) München angelogen haben, um der Deutschen Bank Schadenersatz zu ersparen. Am Ende verglich sich die Bank mit den Kirch-Erben auf 925 Millionen Euro, weshalb der jetzige Vorwurf an die Adresse der fünf Banker auf versuchten Prozessbetrug lautet.

Parallel ermittelt die Staatsanwaltschaft aber noch gegen weitere Personen. Vor allem sind das die Rechtsanwälte, die die Deutsche Bank im Schadenersatzprozess vertreten haben, eigene Beschäftigte aus der bankinternen Rechtsabteilung, aber mit Hermann-Josef Lamberti und Michael Cohrs auch weitere Ex-Vorstände des Geldhauses. Zudem wird gegen den heutigen Personalvorstand Stephan Leithner ermittelt.

Aus diesen Parallelermittlungen schwappen immer wieder neue Erkenntnisse zum jetzigen Strafprozess gegen die fünf Banker hinüber. Zehn Terabyte Daten harren der Auswertung, räumte Staatsanwalt Necknig ein. Kurz zuvor hatte er dem erstaunten Richter Peter Noll, der über Schuld oder Unschuld der fünf Banker befinden soll, einen neuen und zwanzigsten Beweismittelband mit der Anmerkung übergeben, in ihm seien "möglicherweise prozessrelevante" Bestandteile enthalten.

Noll reagierte über das Nachreichen von Akten verärgert und dachte laut über ein Aussetzen des Prozesses nach. "Ich weiß nicht, ob ich terminiert hätte, wenn ich das gewusst hätte", meinte er mit Blick auf den Prozessbeginn vorige Woche. Das Gericht brauche eine abgeschlossene Beweisaufnahme, um ein Urteil zu fällen.

Die Verteidigung ging mit ihrer Kritik an der Staatsanwaltschaft deutlich weiter. Sie habe den Ausgang des 2014 beendeten Schadenersatzprozesses unzulässig beeinflusst und die Deutsche Bank unter Druck gesetzt, kritisierte Breuer-Anwalt Norbert Scharf.

Von der Bank sei damals gefordert worden, ein Urteil des OLG anzuerkennen, auf Revision zu verzichten und sich mit den Kirch-Erben zu vergleichen. Andernfalls würden Ermittlungen gegen das Bankerquintett ausgeweitet. Fitschen sei damals der Verzicht auf eine Anklage gegen die Zahlung von 500 000 bis eine Million Euro in Aussicht gestellt worden.

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