Trotz Gewinnschub: Energiegeschäft macht Siemens Sorgen

München · Altlasten im wichtigen Energiegeschäft bereiten Siemens-Chef Joe Kaeser auch ein Jahr nach seinem Amtsantritt Kopfschmerzen. So kostete die verzögerte Anbindung von Nordsee-Windparks Siemens zwischen April und Juni schon wieder viel Geld. Und die Probleme sind noch nicht zu Ende.

Der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, Joe Kaeser. Foto: Rainer Jensen

Der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, Joe Kaeser. Foto: Rainer Jensen

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"Während wir in den meisten Bereichen gute Fortschritte erzielt haben, steht der Sektor Energy vor anhaltenden Herausforderungen in den nächsten Quartalen", sagte Kaeser in München. Er warnte vor den konjunkturellen Folgen der Krisen in der Ukraine und im Mittleren Osten. Vor allem dank des Wegfalls von Umbaukosten verbuchte der Konzern in seinem dritten Geschäftsquartal einen Gewinnschub.

Die aktuellen geopolitischen Spannungen seien "ein ernstes Risiko für das Wachstum in Europa" in der zweiten Jahreshälfte, warnte Kaeser. In Russland erwirtschaftete Siemens zuletzt einen Jahresumsatz von rund zwei Milliarden Euro. Man sei besorgt wegen der jüngsten Entwicklungen dort, es gebe aber mehr "persönliche Bestürzung als geschäftliche Sorgen", sagte Kaeser. Es bleibe dabei, dass man Sanktionen gegen Russland strikt umsetzen werde.

Im laufenden Geschäftsjahr (30. September) will das Unternehmen die Umsätze bereinigt um Wechselkurse sowie um Zu- und Verkäufe auf Vorjahresniveau halten. Der Gewinn je Aktie von zuletzt 5,08 Euro soll um mindestens 15 Prozent zulegen. Kaeser hatte einen tiefgreifenden Umbau auf den Weg gebracht, mit dem er Siemens schlanker und fitter für den Wettbewerb machen will.

"Auf diesem Weg machen wir Fortschritte", sagte Kaeser. So liege die Verselbstständigung der Hörgerätesparte im Plan, ob es zu einem Börsengang oder eine Ausgründung kommt, stehe noch nicht fest. Die Neuordnung des Konzerns dürfte tausende Jobs kosten, konkrete Zahlen nannte Kaeser aber auch am Donnerstag nicht.

Zwischen April und Juni verhalf vor allem der Wegfall von Kosten für das vergangene Sparprogramm zu einem Gewinnschub. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen 1,4 Milliarden Euro und damit 27 Prozent mehr als im Vorjahr. Währungseffekte drückten dagegen auf Umsatz und Auftragseingang.

Während sich die Erlöse um vier Prozent auf 17,9 Milliarden Euro verringerten, gab der Auftragseingang um drei Prozent auf 19,4 Milliarden Euro nach. Ohne die Effekte wäre der Bestelleingang unverändert geblieben, und beim Umsatz hätte sich ein Plus von einem Prozent ergeben.

Im umsatzstärksten Energiegeschäft fielen wegen der verspäteten Netzanbindung der Nordsee-Windparks Sonderkosten von 128 Millionen Euro an, etwa durch längere Liegezeiten in der Werft. Hinzu kamen Probleme bei der Stromübertragung bei einem britischen Windpark, die mit 27 Millionen Euro zu Buche schlugen. Die Sparte Power Transmission rutschte so mit einem Verlust von 188 Millionen (Vorjahr: minus 49 Mio) Euro deutlich tiefer in die roten Zahlen. Eine schnelle Lösung sei nicht in Sicht, sagte Kaeser.

Auch der gesamte Energiesektor büßte an Gewinn ein. Generell habe der Energiesektor mehrere "Altfälle" wie das finnische Atomkraftwerk Olkiluoto, die Nordsee-Windprojekte "und andere, die für die Zukunft weitere finanzielle Risiken bergen", erklärte der Siemens-Chef.

Die beste Entwicklung zeigte im dritten Quartal der Sektor Infrastruktur und Städte: Nach 23 Millionen Euro Verlust vor einem Jahr schrieb die Sparte 350 Millionen Euro Gewinn, das Industriegeschäft konnte beim Überschuss um rund 50 Prozent auf 548 Millionen Euro zulegen. Die übrigen Sektoren Medizintechnik und Energie büßten dagegen Gewinn ein.

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