Angebot von Iliad für T-Mobile US Flatrate-Pionier spekuliert auf US-Tochter der Telekom

PARIS/BONN · Dieser Mann kennt weder Skrupel noch Grenzen: Nachdem er den französischen Telekommunikationsmarkt aufgemischt und seine Konkurrenten durch Billigpreise unter Druck gesetzt hat, setzt der französische Unternehmer Xavier Niel zum Sprung über den Atlantik an.

Mit einem überraschenden Angebot seines Billig-Telekomanbieters Iliad für den Kauf der US-Filiale der Deutschen Telekom, T-Mobile US, eröffnet er einen Bieter-Wettkampf mit dem US-Konkurrenten Sprint und der japanischen Softbank im Hintergrund. Nach Bekanntwerden der Pläne stieg die Aktie von T-Mobile US sprunghaft an. Auch die Telekom-Aktie entwickelte sich am Freitag und Donnerstag deutlich besser als der Markt.

Niel bietet 15 Milliarden US-Dollar in bar oder 33 Dollar pro Aktie für einen Anteil von 56,6 Prozent. Das ist allerdings deutlich weniger als jene 40 US-Dollar je Aktie, die nach übereinstimmenden Informationen Softbank-Chef Masayoshi Son via Sprint bereit ist zu zahlen. Niels großer Vorteil besteht allerdings in einem geringeren Risiko eines Einspruchs der US-Wettbewerbshüter.

Mit Sprint und T-Mobile US würden Nummer drei und vier des US-Mobilfunkmarktes zusammengehen. Iliad dagegen wäre ein neuer Wettbewerber auf dem US-Markt. 2011 war ein Verkauf von T-Mobile US an den Branchen-Zweiten AT&T an kartellrechtlichen Bedenken gescheitert.

"Bravo an Xavier Niel, der den Eroberer-Geist verkörpert, den wir brauchen", applaudierte Fleur Pellerin, Frankreichs Staatssekretärin für Außenhandel und früher für digitale Wirtschaft.

Mit einem geschätzten Vermögen von mehr als acht Milliarden Euro gehört der 46-Jährige zu den reichsten Franzosen, er ist gut in der Politik vernetzt und besitzt beträchtlichen Einfluss, seit er 2010 gemeinsam mit dem Mode- und Medienunternehmer Pierre Bergé und dem Investmentbanker Matthieu Pigasse die Tageszeitung "Le Monde" übernahm und im Juni das linksliberale Wochenmagazin "Le Nouvel Observateur". Neuerdings interessiert sich das Aktionärstrio auch für den Pay-TV-Sender LCI.

Der Autodidakt Niel, der lieber lässig in Jeans und Turnschuhen als im Anzug auftritt, gilt als ungewöhnliche Erscheinung in seinem Land: Anstatt eine renommierte Elitehochschule abzuschließen, gründete er früh sein erstes Unternehmen, versuchte sich mit dem Erotik-Onlinedienst "Minitel rose", der ihm lange ein Schmuddel-Image, aber auch viel Geld einbrachte, und baute konsequent sein Medienimperium aus.

Nun pflegt er seinen Ruf mit der Beteiligung an einem Fonds zur Förderung von Startups und einer Bildungsstätte für kostenlose Programmierer-Ausbildung für junge Erwachsene.

Sein jetziges Vorpreschen gilt als Niels bisher kühnster Schachzug: Laut Medienberichten wiegt Iliad, das bisher nicht außerhalb Frankreichs aktiv war, an der Börse 16 Milliarden Dollar und zählt 13,7 Millionen Abonnenten - gegenüber rund 50 Millionen Kunden und einem Börsenwert von 24,8 Milliarden Dollar von T-Mobile US. In Frankreich hatte Niel 2002 mit der "Freebox", die Internet-Zugang, Festnetz-Telefon und einen TV-Anschluss für 29,99 Euro pro Monat anbietet, die Branche durcheinandergewirbelt.

Die Telekom wollte auch gestern das Angebot von Iliad nicht kommentieren. Tatsächlich müssen die Bonner prüfen, ob die bereits weit gediehenen Verhandlungen mit Sprint/Softbank erfolgversprechender sind, oder ob zunächst alleine weitergemacht wird. "Wir können unser Wachstum in den USA problemlos noch ein paar Jahre spielen", hatte Finanzvorstand Thomas Dannenfeldt im Juni gesagt. Nach GA-Informationen ist mit einer Entscheidung wohl frühestens im September zu rechnen.

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