Kehrtwende: Deutsche Bank will Postbank abstoßen

Frankfurt/Main · Die Deutsche Bank geht auf Schrumpfkurs: Die Postbank-Mehrheit gibt der Dax-Konzern auf, auch im Investmentbanking sind Einschnitte beschlossen. Der Entscheidung des Aufsichtsrates vom späten Freitagabend waren monatelangen Diskussionen vorangegangen.

 Die spiegelnde Fassade der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Foto: Arne Dedert

Die spiegelnde Fassade der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt am Main. Foto: Arne Dedert

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"Der Aufsichtsrat hat heute einstimmig beschlossen, den vom Vorstand unterbreiteten Vorschlag zu unterstützen", erklärte die Bank in einer knappen Mitteilung. Möglich ist nach Angaben eines Sprechers ein Komplettverkauf der Postbank oder der Verkauf von Aktienpaketen über die Börse. In jedem Fall will die Deutsche Bank ihren Anteil an der Bonner Tochter von 94,1 Prozent mindestens unter 50 Prozent senken. Für Kunden der Postbank dürfte die Entscheidung keine unmittelbaren Folgen haben.

Einschnitte soll es auch im Investmentbanking geben. Der Konzern kündigte zudem an, Auslandsaktivitäten stärker zu konzentrieren. Details will Deutschlands größtes Geldhaus an diesem Montag (27.4./10.30 Uhr) nennen. Dann werden die Co-Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain sowie Strategievorstand Stefan Krause in einer Pressekonferenz in Frankfurt Rede und Antwort stehen.

Vor ihrem radikalen Kurswechsel haben Altlasten der Deutschen Bank erneut die Bilanz verdorben. Im ersten Quartal schrumpfte der Konzernüberschuss um 49 Prozent auf 559 Millionen Euro, wie das Institut am Sonntag in Frankfurt mitteilte. Der auf die Aktionäre entfallende Überschuss halbierte sich ebenfalls, und zwar auf 544 Millionen Euro. Die Bank hatte in der vergangenen Woche bereits angekündigt, weitere 1,5 Milliarden Euro für juristische Niederlagen zurückzulegen. Damit machten die Altlasten wieder einmal den Aufschwung im Tagesgeschäft zunichte.

Die Einnahmen verbesserten sich vor allem dank eines anziehenden Handelsgeschäfts um nahezu fast ein Viertel auf 10,4 Milliarden Euro und erreichten damit fast Rekordniveau. "Wir starten die nächste Phase unserer Strategie aus einer Position der Stärke", erklärten die beiden Vorstandschef Anshu Jain und Jürgen Fitschen. Die Ergebnisse zeigten, dass das Institut deutlich stärker als zu ihrem Amtsantritt 2012 sei.

Vor einer zwischenzeitlich diskutierten kompletten Abspaltung des Privatkundengeschäfts schreckte das Management zurück. Stattdessen kündigte das Institut nun an, in das Privatkundengeschäft unter der Marke Deutsche Bank zu investieren.

Aktionärsschützer werfen dem Vorstand der Deutschen Bank einen Strategie-Zickzack mit ständig neuen Umbaukosten vor. "Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Das ist nicht der große Wurf, den der internationale Kapitalmarkt wohl erwartet hat", sagte der Vize- Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding, der Deutschen Presse-Agentur. Mit der Entscheidung von Freitag, die Tochter Postbank mehrheitlich oder ganz zu verkaufen, handle der Vorstand wider eine der Lehren aus der Finanzmarktkrise.

"Mit dieser Entscheidung hält der Vorstand der Deutschen Bank am Modell einer Universalbank mit einem starken Heimatmarkt in Deutschland fest", lobte die Gewerkschaft Verdi, die vor allem bei der Postbank stark organisiert ist und deren Chef Frank Bsirske im Deutsche-Bank-Kontrollgremium mitentscheidet. "Der Postbank wird mit dem Börsengang zugleich eine neue Wachstumsperspektive erschlossen."

Die Deutsche Bank reagiert mit ihrer neuen Strategie auf die immer strengeren Anforderungen der Aufseher zum Beispiel in Sachen Kapitalausstattung und den Druck der niedrigen Zinsen auf die Erträge. Zudem hofft das Management, dass eine geschrumpfte Universalbank wieder dauerhaft profitabler sein kann.

Bei der Postbank war die Deutsche Bank mitten in der Finanzkrise im September 2008 mit knapp 30 Prozent als größter Einzelaktionär eingestiegen. Gut zwei Jahre später sicherte sich Deutschlands größtes Geldhaus die Mehrheit an dem Bonner Institut.

Mit der Übernahme der auf Privatkunden spezialisierten einstigen Post-Tochter wollte der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann den Deutsche-Bank-Konzern unabhängiger vom schwankungsanfälligen Kapitalmarktgeschäft machen. Gut sechs Milliarden Euro kostete der Deal, die hohen Erwartungen erfüllten sich jedoch nie. Angestrebt war, den Vorsteuergewinn der um 14 Millionen Kunden erweiterten Privatkundensparte mittelfristig auf drei Milliarden Euro zu steigern. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 1,3 Milliarden.

Immer wieder reißen zudem Altlasten Löcher in die Bilanz der Deutschen Bank. Erst am vergangenen Donnerstag hatten britische und amerikanische Behörden die Deutsche Bank wegen ihrer Verwicklung in den Libor-Skandal um manipulierte Zinssätze zur Zahlung von 2,5 Milliarden Dollar (2,3 Mrd Euro) verdonnert. Es war die bislang höchste Strafe gegen ein internationales Geldhaus in diesem Fall. Damit machten die Altlasten wieder einmal den Aufschwung im Tagesgeschäft zunichte. Die Einnahmen verbesserten sich zu Jahresbeginn vor allem dank eines anziehenden Handelsgeschäfts um ein Viertel auf 10,4 Milliarden Euro.

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